Im Portrait | Der Blick ins Gehirn – ANT neuro und eemagine

Wer eine Elektroenzephalografie-Haube auf den Kopf bekommt, hat gute Chancen, dass es eine von eemagine ist. Seit über 25 Jahren liefert das Unternehmen von Berlin aus innovative Technologie für Neurowissenschaften und deren klinische Anwendungen an internationale Kunden. Auch für die Zukunft steht Wachstum auf dem Programm.

 

Die Geschichte von eemagine beginnt Ende der 1990er-Jahre. 1999 gründeten Dr. Frank Zanow und seine Mitgründer die eemagine Medical Imaging Solutions GmbH. Dr. Zanow hatte vorher an der University of Twente in Enschede (Niederlande) promoviert und dort bereits eine erste Firma namens ANT Neuro (Advanced Neuro Technology) gegründet. Das erste Produkt des neuen holländischen Unternehmens war eine Software zur Analyse von Elektroenzephalo- (EEG) und Magnetoenzephalographie (MEG) Daten, die auf seiner Doktorarbeit basierte.

Nach den ersten kommerziellen Erfolgen, zog Dr. Zanow zurück in seine Heimatstadt Berlin und gründete 1999 die eemagine GmbH. Diese fungiert seither als Hersteller der, unter dem Markenname ANT Neuro vermarkteten Soft- und Hardware-Produkte. Dr. Zanow ist heute noch Geschäftsführer und hat über die Jahre ein globales Netzwerk von ANT-Unternehmen aufgebaut.

Produktion und Vertrieb

Die eemagine GmbH übernimmt von Berlin aus die Herstellung aller ANT Neuro Produkte. Berlin ist der größte Standort – rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hier beschäftigt. ANT Neuro ist immer noch ein niederländisches Unternehmen, hat mittlerweile aber auch Büros in Berlin, den USA, Australien, China und England. Die Firma gibt den Produkten das Branding und übernimmt den weltweiten Verkauf. Mit ihren Produkten decken die Firmen insbesondere Neuronavigation für nicht-invasive Hirnstimulation und EEG in Forschung und klinischer Anwendung ab. „Beim EEG gehören wir zu den Top drei der Hersteller weltweit“, sagt Sebastian Carstens, Head of Marketing bei eemagine.

Bei der Neuronavigation geht es um präzise Platzierung von Geräten zur nicht invasiven Hirnstimulation auf dem Patientenkopf. Mittel transkranieller Magnetstimulation (TMS) wird ein elektromagnetisches Feld in das Gehirn induziert, um so schädelnahe Hirnareale in ihrer Aktivität zu hemmen oder anzuregen. So lassen sich beispielsweise Netzwerke von miteinander verbunden Hirnarealen besser untersuchen. Im klinischen Bereich wird dieses Verfahren genutzt, um unter anderem medikamentenresistente Depressionen oder Schizophrenie zu behandeln. Ein weiterer Anwendungsbereich der neuronavigierten TMS ist die Kartierung von funktionellen Arealen im menschlichen Gehirn. Dies wird dazu genutzt, um gesundes funktionales Hirngewebe (z.B. im Sprach- oder Motorzentrum) von tumorösem zu unterscheiden. Mit den Karten lassen sich Operationen von Hirntumoren zielgenauer durchführen, um möglichst viel funktionales Gewebe zu erhalten. Eine millimeter-genaue und individuelle Neuronavigation ist bei allen diesen Anwendungen unerlässlich.

Standorte in Berlin

In der Hauptstadt verteilen sich eemagine und ANT Neuro auf drei Büros. An zwei Standorten in Friedrichhain wird die Entwicklung der Soft- und Hardware übernommen sowie das globale Sales und Marketing für ANT Neuro gesteuert und unterstützt. In Marzahn befindet sich die Produktion, wo die Systeme zusammengebaut und in alle Welt geliefert werden. Dazu gehören hauptsächlich Institutionen aus der Forschung und Wissenschaft sowie aus der klinischen Medizin. Die Entwicklung der einzelnen Produkte orientiert sich dabei an Marktbedürfnissen und Ergebnissen aus staatlich geförderten Projekten. „Wir schauen zum einen, dass wir unsere Produkte kontinuierlich verbessern, um sie so für unsere Kunden einfacher nutzbar zu machen und für neue Anwendungen einsetzen zu können. Zum anderen haben wir natürlich die weltweite Entwicklung der Neurowissenschaften im Hinblick auf (nicht-invasive) Gehirn-Computer-Schnittstellen und künstliche Intelligenz im Blick. Gerade hier tut sich in den letzten Jahren sehr viel und wir wollen dabei eine tragende Rolle spielen.“, erklärt Sebastian Carstens. „Im Laufe der Jahre waren wir auch immer wieder an Projekten beispielsweise des Bundesministeriums für Bildung und Forschung beteiligt, in denen Grundlagen- und Anwendungsforschung betrieben wurde und wir die entwickelten Lösungen zusammen mit kommerziellen und wissenschaftlichen Partnern erfolgreich im Markt platziert haben.“

Derzeit kooperieren eemagine und ANT Neuro zum Beispiel mit der Universitätsklinik in Amsterdam. Dort werden Rettungswagen mit einem EEG-System ausgestattet, welches eine schnelle Aufnahme von diagnostischen Hirn-Daten ermöglicht. So lässt sich bei Schlaganfällen sehr schnell ein erster Überblick zu den betroffenen Hirnarealen gewinnen und dann per mobiler Datenverbindung direkt an die IT-Systeme der aufnehmenden Klinik geschickt werden. Die durch künstliche Intelligenz vor-verarbeiteten Daten helfen den Ärzten die Schlaganfallpatienten zielgenauer zu versorgen. Die Technologie zur schnellen Anwendung des EEGs wurde von eemagine zusammen mit der Technischen Universität in Ilmenau entwickelt.

Zukunft und Wachstum

Derzeit wächst eemagine am Standort Berlin. Zudem baut das Unternehmen seit ein paar Jahren ein Ökosystem rund um seine technischen Entwicklungen auf. „Wir haben zum Beispiel die Neuromotion Ventures Holding gegründet, ein Inkubator für Start-ups, die unsere Technologien und Produkte für ihre eigenen Produktlösungen und Geschäftsmodelle nutzen“, sagt Sebastian Carstens.

Ein weiteres starkes Wachstum wird zukünftig im Segment Mental Health erwartet. „Hier erwarten wir einen großen Zuwachs – in Europa und der ganzen Welt“, so Carstens.

Unabhängig vom weltweiten Wachstum, bleibt Berlin für eemagine der Heimatstandort: „Es ist nicht nur so, dass unsere Wurzeln hier liegen, für uns ist es auch ein Standortvorteil, dass die Stadt so viele Menschen aus der ganzen Welt mit einem hohen Bildungsstand anzieht“, sagt Sebastian Carstens. Weit über die Hälfte aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommt nicht aus Deutschland.

Jedes Jahr veranstaltet ANT Neuro in Berlin auch das renommierte ANT Neuromeeting, welches Spitzenforscher und Kliniker aus aller Welt zusammenbringt, um den Austausch und den wissenschaftlichen Fortschritt zu fördern.

Für die internationale Sichtbarkeit ist ANT Neuro auch auf internationalen Messen anzutreffen, so auch regelmäßig auf dem von Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie organisierten Gemeinschaftsstand Berlin-Brandenburg auf der Medica in Düsseldorf.

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