700.000 Euro für Präeklampsieforschung
Zwei Prozent aller Schwangeren in Europa erkranken an einer Präeklampsie. Dabei entwickeln sich bei der werdenden Mutter nach der 20. Schwangerschaftswoche plötzlich Bluthochdruck und Organschäden. Durch den hohen Druck in den Blutgefäßen können diese beschädigt werden – sowohl die Blutgefäße der Mutter als auch die in der Plazenta. Dadurch erhält das ungeborene Kind nicht mehr genügend Nährstoffe und Sauerstoff. Mögliche Folgen sind Wachstumsstörungen, Spätschäden sowie Fehl- oder Totgeburten. Außerdem ist das Risiko der Mutter für spätere Herz-Kreislauferkrankungen stark erhöht.
Ursachen und Mechanismen der Erkrankung sind noch weitgehend unklar. Als sicher gilt, dass die Plazenta und speziell deren Hofbauerzellen wesentlich daran beteiligt sind. Hofbauerzellen gehören zu den Makrophagen – weiße Blutzellen, die durch den Körper zirkulieren und Krankheitserreger beseitigen. „Studien an Tiermodellen zeigen, dass die klinischen Symptome sofort verschwinden, sobald die Plazenta entfernt ist“, erklärt PD Dr. Florian Herse. Er forscht in der Arbeitsgruppe „Hypertonie vermittelte Endorganschäden“ von Professor Dominik N. Müller und Professor Ralf Dechend am Experimental and Clinical Research Center (ECRC), einer gemeinsamen Einrichtung des Max Delbrück Center und der Charité – Universitätsmedizin Berlin.
Gemeinsam mit Professor Martin Gauster von der Medizinischen Universität Graz will Florian Herse die Entwicklung dieser Makrophagen und ihre Fehlregulation bei Präeklampsie weiter untersuchen. Die beiden Forscher kooperieren seit zehn Jahren und erhalten demnächst bereits zum zweiten Mal einen D-A-CH-Grant. Das Förderverfahren ermöglicht grenzüberschreitende Forschungsanträge zwischen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und ihren Partnerorganisationen FWF, dem Fonds für wissenschaftliche Forschung Österreichs, sowie dem Schweizerischen Nationalfond SNSF. Von den insgesamt 700.000 Euro fließen 372.000 Euro ans Max Delbrück Center.
Was die Funktion der Plazenta beeinträchtigt
Martin Gauster und sein Team haben ein Durchfluss-Kulturmodell für Plazentagewebe entwickelt, mit dem verschiedene Gesundheitszustände während der Schwangerschaft simuliert werden können. Mit Hilfe von Einzelzell-Sequenzierungen und mikroskopie-geleiteter Proteomanalysen untersucht und vergleicht Florian Herse in Berlin zusammen mit der Forschungsgruppe von Dr. Fabian Coscia die räumliche und zeitliche Dynamik der Makrophagen-Entwicklung in gesundem und erkranktem Plazentagewebe.
Hofbauerzellen zirkulieren nicht frei durch die Blutgefäße, sondern bleiben im fetalen Bereich der Plazenta. Dort scheinen sie zu verhindern, dass Krankheitserreger aus dem Blut der Mutter auf das Ungeborene übergehen. Bei Schwangerschaften, in denen es zu einer schweren Präeklampsie kommt, ist die Anzahl dieser Zellen verringert. „Wir vermuten, dass sie dadurch die Struktur der Gefäße und des umgebenden Gewebes verändern und so die Funktion der Plazenta beeinträchtigt wird“, sagt Florian Herse. „Deshalb wollen wir uns nun das Zusammenspiel der Makrophagen mit den Blutgefäßen genauer ansehen.“
Text: Catarina Pietschmann
Weiterführende Informationen
- AG Müller/Dechend, Hypertonie vermittelte Endorganschäden
- AG Coscia, Spatial Proteomics
- Forschungsteam Gauster, Forschungsschwerpunkt Reproduktion, Schwangerschaft und Regeneration
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Plazentazotte: Umrandet ist sie von grünen Trophoblasten – das sind die äußeren Zellschichten der Keimblase, die am vierten Tag nach der Befruchtung aus der mehrfach geteilten Eizelle entsteht. Die fetalen Gefäße sind rot, die Hofbauerzellen orange. Copyright: Florian Herse, Max Delbrück Center