Weltneuheit am Deutschen Herzzentrum der Charité (DHZC)
Erstmals wurde jetzt am Deutschen Herzzentrum der Charité (DHZC) ein kabelloser Zwei-Kammer-Herzschrittmacher erfolgreich implantiert. Die beiden kapselförmigen Module des weltweit einzigartigen Systems können schonend über einen Zugang in der Leistenvene eingesetzt werden und sich drahtlos im Herzen synchronisieren. Komplikationen herkömmlicher Systeme sollen so künftig weitgehend vermieden werden.
Bei Patient:innen mit bestimmten Herzrhythmusstörungen kann zur Therapie ein Herzschrittmacher implantiert werden. Das Gerät überwacht den Herzrhythmus und gibt bei einem zu langsamen Herzrhythmus elektrische Impulse an den Herzmuskel ab.
Herkömmliche Herzschrittmacher bestehen aus einer Batterieeinheit, die meist unterhalb des Schlüsselbeins implantiert wird, sowie Elektroden, die über Blutgefäße direkt ins Herz geführt werden.
Trotz einer sehr hohen Sicherheit für die Patient:innen sind diese etablierten Systeme mit Risiken verbunden, wie etwa Infektionen oder Elektrodenversagen.
Die dann oft notwenige Entnahme der Elektroden ist oft schwierig und nicht immer komplikationslos, da die Sonden häufig mit der Venenwand und dem Herzen verwachsen sind.
Um diese Risiken zu mindern, sind seit etwa 10 Jahren kapselförmige Schrittmacher im Einsatz, die direkt in die rechte Herzkammer eingesetzt werden und ohne Sonden auskommen.
Sie eigneten sich bisher allerdings nur für Patienten, die ausschließlich eine Stimulation der rechten Herzkammer benötigen. Ist sowohl eine Stimulation im rechten Herzvorhof als auch in der rechten Herzkammer erforderlich (die sogenannte Zweikammer-Stimulation), musste bisher auf ein herkömmliches System mit zwei Elektroden zurückgegriffen werden.
Die neue Technologie überwindet diese Einschränkung. Zwei drahtlose Module – jeweils eines im Vorhof und eines in der Herzkammer – kommunizieren kabellos „Schlag-für-Schlag“ miteinander und ermöglichen so eine präzise Synchronisation der abgegebenen Impulse.
Eine in den USA durchgeführte und im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie mit 300 eingeschlossenen Patient:innen belegte über einen Zeitraum von 3 Monaten nach Implantation eine zuverlässige Schrittmacher-Funktion sowie eine sichere Kommunikation der im rechten Herzvorhof und der rechten Herzkammer eingesetzten kabellosen Schrittmachersysteme. www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2300080)
Die Schrittmacher-Module können über eine Punktion in der Leistengegend eingesetzt werden, ein Schnitt unterhalb des Schlüsselbeins wie bei herkömmlichen Systemen ist nicht mehr nötig. Zudem hat der neue Schrittmacher-Typ
- eine sogenannte „Mapping-Funktion“; das heißt, er misst elektrische Signale im Herzen bereits während der Implantation und ermöglicht damit den Ärzt:innen, die optimale Position des Gerät vor der endgültigen Verankerung genau zu bestimmen, sowie
- einen speziellen Koppelungsmechanismus mit dem Katheter, der sowohl die Implantation als auch – wenn nötig – eine spätere Neupositionierung oder Entfernung deutlich einfacher machen soll als bei anderen Systemen.
„Das System eignet sich damit insbesondere für Menschen mit Infektanfälligkeit, fehlenden Zugangswegen für eine konventionelle Schrittmachertherapie oder nach Trikuspidalklappeneingriffen“, sagt PD Dr. med. Florian Blaschke, Oberarzt und Leiter der Gerätetherapie an der DHZC-Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Campus Virchow-Klinikum, „wir sind überzeugt, dass dieses System die Behandlungsmöglichkeiten und das Spektrum der dafür in Frage kommenden Patienten:innen noch einmal deutlich erweitert und wir diesen Patient:innen in Zukunft eine bessere Lebensqualität ermöglichen können.“
Der Berliner Jürgen Günther (81) erhielt im September 2023 als erster Patient in Deutschland einen kabellosen Schrittmacher dieses Typs im Ventrikel. Aufgrund einer Verschlechterung seiner Herzrhythmusstörungen mit zunehmendem Stimulationsbedarf in der Herzkammer wurde ihm von einem Team um PD Dr. Florian Blaschke nun auch ein Modul im rechten Vorhof implantiert. Der Eingriff verlief erfolgreich, Jürgen Günther konnte bereits am folgenden Tag entlassen werden.
„Allein in Deutschland brauchen jedes Jahr rund 110.000 Patientinnen erstmals oder erneut einen Herzschrittmacher. Es ist uns entsprechend wichtig, hier bei wichtigen Innovationen zur Verbesserung der Behandlungssicherheit und Lebensqualität führend beteiligt zu sein“, sagt Prof. Dr. med. Gerhard Hindricks, Leiter des Bereichs Rhythmologie am DHZC.