Telemedizinische Beratung bei intensivpflichtigen Coronapatientinnen und -patienten wird Regelversorgung

 

Was bisher als Corona-Sonderlösung gilt, wird nun ein reguläres telemedizinisches Angebot: Das in Herz- und Lungenzentren vorhandene Expertenwissen soll von anderen Krankenhäusern bei der Behandlung von intensivpflichtigen Patientinnen und Patienten mit COVID-19 genutzt werden können. Mit Hilfe von Audio-Videoübertragungen sind dann gemeinsame Beratungen zur Therapieplanung und Versorgung möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) fasste heute den dafür notwendigen Beschluss und ergänzte seine Zentrums-Regelungen. In den Zentrums-Regelungen ist definiert, für welche besonderen Aufgaben Krankenhäuser finanzielle Zuschläge vereinbaren können und welche qualitätssichernden Anforderungen dabei gelten. Mit seinem heutigen Beschluss präzisierte der G-BA auch die Mindeststandards, die von Zentren generell bei telemedizinischen Leistungen erfüllt werden müssen.

Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Bedarfsplanung: „Der G-BA überführt die guten Erfahrungen mit telemedizinischer Beratung, die während der Corona-Pandemie in der Intensivmedizin gemacht wurden, in die Regelversorgung. Denn es muss davon ausgegangen werden, dass das in Herz- und Lungenzentren vorhandene Spezialwissen bei intensivpflichtigen und langzeitbeatmeten Patientinnen und Patienten mit COVID-19 auch weiterhin gebraucht und abgefragt wird. Und diese besonderen Aufgaben müssen auch vergütet werden, denn sie sind in den Fallpauschalen nicht abgebildet. Die befristete Corona-Sonderregelung für Beratungsleistungen innerhalb eines intensivmedizinischen digital-gestützten Versorgungsnetzwerks – den sogenannten IDV-Zentren – wird mit der Beschlussfassung abgelöst und läuft Ende März 2022 aus. Diesen Schritt können wir jetzt gehen, da durch die Krankenhausplanungsbehörden der Bundesländer inzwischen ausreichend Herz- und Lungenzentren ausgewiesen wurden, die die Aufgaben der vier bundesweit verfügbaren IDV-Zentren übernehmen können. Durch unseren heutigen Beschluss ist eine nahtlose Finanzierung der Beratungsleistungen sichergestellt, es findet lediglich eine Verlagerung an Herz- und Lungenzentren statt.“

Und weiter: „Die heute beschlossenen Mindeststandards, die zukünftig bei allen telemedizinischen Leistungen von Zentren gelten, gehen ganz maßgeblich auf die Erfahrungen des Innovationsfonds-Projektes „TELnet@NRW“ zurück: Für die telemedizinische Versorgung in der Intensivmedizin und der Infektiologie wurde hier eine gemeinsame digitale Infrastruktur erfolgreich erprobt. Zudem orientierte sich der G-BA an der Leitlinie „Telemedizin in der Intensivmedizin“‘ der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin.“

Mindeststandards für telemedizinische Leistungen

Sollen die besonderen Aufgaben eines Zentrums mittels Telemedizin erbracht werden, müssen die betreffenden Krankenhäuser geeignete Mindeststandards bei der technischen Ausstattung erfüllen. Hierzu gehört vor allem eine hochauflösende und jederzeit durchführbare Audio- und Videoübertragung in Echtzeit, die dem aktuellen Stand der Technik entspricht und eine Patientenuntersuchung durch den Arzt oder die Ärztin des Zentrums in hoher Qualität ermöglicht. Parallel zur Audio-Videoübertragung muss ein Zugriff auf die Originaldaten inklusive der aktuellen Bildgebung der Patienten möglich sein, um trotz räumlicher Trennung eine Empfehlung hinsichtlich Diagnostik und Therapie festzuhalten.

Zuschläge für telemedizinische Leistungen bei COVID-19

Der Beschluss zur Ergänzung der Zentrums-Regelungen wird vom Bundesministerium für Gesundheit rechtlich geprüft und tritt zum 1. April 2022 in Kraft. Herz- und Lungenzentren können dann mit anderen Krankenhäusern telemedizinische Leistungen für Patientinnen und Patienten mit der Nebendiagnose SARS-CoV-2 vereinbaren. Voraussetzung ist, dass das Zentrum im Jahr 2020 mehr als 50 vollstationäre Fälle mit der Nebendiagnose SARS-CoV-2 intensivmedizinisch behandelt hat und die vom G-BA festgelegte telemedizinische Ausstattung vorhanden ist.

Hintergrund: Besondere Aufgaben von Zentren

Krankenhäuser, die als Zentren besondere Aufgaben wahrnehmen, können dafür seit 2020 finanzielle Zuschläge erhalten. Hierfür definiert der G-BA in den Zentrums-Regelungen fachbereichsbezogen die besonderen Aufgaben und die damit verbundenen Qualitätsanforderungen – wie Art und Anzahl von Fachabteilungen und Mindestfallzahlen:

  • Herzzentren
  • Lungenzentren
  • neurovaskuläre Zentren
  • onkologische Zentren
  • rheumatologische Zentren
  • Traumazentren
  • Zentren für seltene Erkrankungen

Angesichts des besonderen Versorgungsbedarfs intensivpflichtiger Corona-Patientinnen und -Patienten erweiterte der G-BA erstmals im Februar 2021 die Zentrumszuschläge auf Konsiliarleistungen von Spezialkliniken, die in einem intensivmedizinischen digital-gestützten Versorgungsnetzwerk (IDV-Zentren) eingebunden sind und bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen. Zuletzt verlängerte der G-BA im Dezember 2021 diese Sonderregelung bis zum 31. März 2022.

Informationen zu dem aus dem Innovationsfonds geförderten Projekt „TELnet@NRW“ sind auf der Website des Innovationsausschusses zu finden.