Portrait: CO.DON AG – von Teltow aus auf Wachstumskurs
Das Arzneimittel, mit dem CO.DON nun mindestens den europäischen Markt erobern will, heißt Spherox. Dahinter verbirgt sich aber eigentlich eine umfassende Behandlung. Denn Spherox ist ein Zelltherapieprodukt, das ausschließlich patienteneigene Knorpelzellen („autologe Chondrozyten“) verwendet. In vielen Fällen, bei denen die Anwendung der Therapie möglich ist, lassen sich Gelenkprothesen vermeiden oder deren Einsatz hinauszögern. Allerdings: Knorpelschäden sind nicht das gleiche wie Arthrose – wann die Therapie eingesetzt werden kann, muss der Arzt entscheiden.
Expansion in den europäischen Markt
Seit 2010 hatte CO.DON klinische Studien der Phasen II und Phase III durchgeführt und auf der Grundlage dieser Ergebnise die EU-weite Zulassung erreicht. Vorstand Ralf Jakobs sieht darin den Wert des Unternehmens deutlich gesteigert. Es habe „eine wichtige Voraussetzung für eine starke und gesicherte Marktposition im europäischen Markt geschaffen“, heißt es im Geschäftsbericht für das Geschäftsjahr 2017. Seither stellt sich die Aktiengesellschaft als biopharmazeutisches Unternehmen auf und hat auch seine Strukturen danach ausgerichtet.
Die CO.DON AG hat sich 1993 am Wirtschaftsstandort Teltow angesiedelt. „Rückblickend war diese Entscheidung richtig, denn sie bietet uns bis heute mit den gegebenen Standortvorteilen ideale Bedingungen. Hier finden wir aufgrund der Vielzahl an Hochschulen einen hohen Anteil an qualifizierten Arbeitskräften und eine moderne Infrastruktur“, sagt Pressesprecher Matthias Meißner. Das Land Brandenburg habe das Unternehmen dabei durch vielfältige Fördermaßnahmen unterstützt. Ein weiterer großer Vorteil sei die Vielzahl an Forschungseinrichtungen, in denen CO.DON kompetente und engagierte Partner für Forschungsprojekte finde.
Am Standort Teltow wurde es jedoch zu eng, sodass CO.DON zunächst einen zweiten Standort in Berlin gegründet hat, wo vornehmlich die administrativen Abteilungen sitzen. Die produzierenden und forschenden Abteilungen befinden sich in Teltow in Brandenburg. Für einen zweiten Produktiosstandort in Leipzig wurde im Januar ein Mietvertrag in der „Bio City Leipzig“ abgeschlossen. Nach Abschluss aller Arbeiten soll dort eine der weltweit größten und modernsten Anlagen für die Produktion von humanen Zellen im industriellen Maßstab entstehen. Zwei Kapitalerhöhungen im Jahr 2017 beflügelten den Wachsturmskurs.
„Gelenkerhalt vor Gelenkersatz“
Das Zentrum der Expansionsstrategie ist die Zelltherapie Spherox, die das Prinzip „Gelenkerhalt vor Gelenkersatz“ verfolgt. Dafür benötigt das Unternehmen ein kleines Stück Knorpel aus dem gesunden Teil des betroffenen Gelenks des Patienten. Im Labor entstehen durch ein spezielles Zellkulturverfahren ohne den Einsatz von Fremdstoffen Knorpelkügelchen. Der ganze Prozess dauert rund acht Wochen. Der behandelnde Arzt bringt die neuen Knorpelkügelchen anschließend in den Defekt ein, wo sie dann auf natürliche Weise neues Knorpelgewebe bilden. Es wird mit der Zeit so belastbar wie das ursprüngliche körpereigene Knorpelmaterial.
Da CO.DON körpereigene Zellen des Patienten kultiviere, seien Abstoßungsreaktionen so gut wie ausgeschlossen, erklärt das Unternehmen. Auch reduziere die Methode das Risiko von Folgeerkrankungen und Infektionen durch fremde Materialien auf ein Minimum. Daher dürfte das Interesse an dem Produkt groß sein. CO.DON informiert auf seiner eigenen Internetseite über die Zelltherapie, hat aber mit www.knorpelexperte.de auch eine Informationsseite für Patienten ins Netz gestellt, um über Knorpelschäden aufzuklären. Hilfreich dort ist insbesondere das Wörterbuch, das medizinische Begriffe kurz erklärt.
Höchste Anforderungen an Sterilität
Neben der Herstellung an sich sind die hohen Sterilitätsanforderungen der Arbeiten eine besondere Herausforderung bei der Produktion des Knorpelzell-Implantats. Das Problem: Eine Endsterilisation speziell für körpereigene Zelltransplantate ist nicht möglich, da diese wärmeempfindlich sind. Darum muss der gesamte Prozess quasi in einem „Reinraum im Reinraum“ stattfinden. CO.DON hat dafür die Integrierte Isolatortechnologie entwickelt.
Dabei ist die komplette Ausrüstung für die Transplantat-Herstellung und Qualitätskontrolle im Isolator der Reinraumklasse A untergebracht – also Wärmeschränke, Tiefkühler, Kühler, Zentrifugen, Mikroskope sowie Zubehör für Produktion und Mikrobiologie. Über eine separate, regelungstechnisch überwachte Schleuse kommt das Material in den Isolator. In dieser Schleuse werden alle Materialien dekontaminiert. Alle Herstellungstätigkeiten im Isolator werden mit Hilfe von spezialangefertigten Handschuhen durchgeführt, die mit Sicherungsringen am Isolator befestigt sind.
Nach der Herstellung direkt in den OP
Fertig entwickelte Knorpelkügelchen verlassen den Herstellungsbereich dann so, dass sofort implantiert werden kann – das bedeutet, der Patient befindet sich bereits im OP, wenn das Transplantat in der Klinik eintrifft. Die Sphäroide, wie CO.DON die etwa 0,6 Millimeter großen Knorpelkügelchen nennt, werden minimal-invasiv eingebracht und haften nach etwa 20 Minuten von allein am Defektboden im Gelenk des Patienten. Während des Heilungsprozesses wandern die Knorpelzellen aktiv aus den Knorpelkügelchen aus, verteilen sich gleichmäßig, integrieren sich in den umliegenden vorhandenen Knorpel und bilden innerhalb der nächsten Monate neue Knorpelmatrix. Läuft alles optimal, sei nach zehn bis zwölf Monaten der neugebildete Knorpel hinsichtlich seiner biomechanischen Belastbarkeit mit dem Ursprungsknorpel vergleichbar.
Vom bisherigen Erfolg dieser gelenkerhaltenden Therapie bestätigt, denkt CO.DON schon weiter: Die patentierte Therapie mit den Sphäroiden könnte – so das Ziel des Unternehmens – in Zukunft auch bei Hüft- und Sprunggelenken Anwendung finden. Das Know-how für diese „Indikationserweiterung“ sei schließlich vorhanden.
Unser BIONNALE-Tipp: Wer mehr über die CO.DON AG erfahren möchte, hat am 20. Juni in Berlin Gelegenheit dazu – dort wird Dr. Giulietta Roël über wichtige Qualitätsaspekte der Zelltherapie sprechen.