Portrait: B. Braun - geteilte Expertise als Erfolgsgarantie
B. Braun mit Hauptsitz im hessischen Melsungen versorgt den Gesundheitsmarkt weltweit mit Produkten für Anästhesie, Intensivmedizin, Kardiologie, extrakorporale Blutbehandlung oder Chirurgie sowie mit Dienstleistungen für Kliniken, niedergelassene Ärzte und den Homecare-Bereich. In Berlin ist das weltweit tätige Traditionsunternehmen mit zwei Produktionsstandorten und einem Weiterbildungshaus vertreten. Auch der Startschuss für den Accelerator fiel in der Hauptstadt – rund 100 interessierte Start-up-Unternehmer, Gründer, Investoren und Vertreter anderer Firmen waren dabei. Ausgewählte Start-ups erhalten im Accelerator Know-how über Produktentwicklung, Marktzugang und Finanzierung.
Schneller in die Praxis bringen
„Die Idee hinter dem Accelerator ist es, Menschen miteinander zu verknüpfen, Wissen und Erfahrungen auszutauschen und innovative Ideen schneller in nachhaltige Lösungen umzusetzen“, fasst Alexander Katzung, Vice President Acceleration & Innovation bei B. Braun, die Intention zusammen. Thilo Brinkmann, Geschäftsbereichsleiter Ambulant & Nephrologie bei B. Braun, macht deutlich, worin für ihn die Vorteile in der intensiveren Zusammenarbeit mit Start-ups liegen: „Wir sind auf der Suche nach innovativen Geschäftsmodellen und Produkten auch auf der Basis digitaler Lösungen, die uns näher an den Patienten bringen.“ Ziel sei es, aus den Ideen zügig erfolgreiche Geschäftsmodelle zu machen und sie in die Praxis zu bringen.
Die für das Anfang des Jahres startende Programm ausgewählten Projekte werden sechs Monate lang mit auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Maßnahmen unterstützt – etwa durch den Zugang zu verschiedenen Ressourcen, umfassendes Wissen von internen und externen Experten und Mentoren oder durch das Bereitstellen eines Arbeitsumfelds.
Die Digitalisierung spiele im Unternehmen eine immer größere Rolle, betont Marc Riemenschneider, Leiter des Werks Pharma Berlin. Die Anforderungen an eine effiziente Produktion und an die Dokumentation seien hoch. „Das wäre ohne moderne Produktionsprozesse mit einem hohen Automatisierungs- und Digitalisierungsgrad gar nicht möglich.“
Rund 1000 Mitarbeiter in Berlin
Zu den bekanntesten Innovationen von B. Braun dürfte auch unter Laien die Braunüle gehören – die erste einteilige Plastikkanüle für Dauerfusionen kam 1962 auf den Markt. Das Unternehmen ist seit den 1970er Jahren in Berlin tätig. Rund 1000 Beschäftigte hat B. Braun heute dort. Das Werk Pharma am Mistelweg mit rund 760 Mitarbeitern stellt sterile Injektionslösungen in Glas- und Kunststoffampullen her. Das Werk wurde mehrfach erweitert und der Standort so deutlich gestärkt. Den jüngsten Neubau errichteten die Gesundheitsspezialisten in nachhaltiger Bauweise nach dem LEED-Gold-Zertifikat.
Mit der Herstellung von Produkten für die koronare Angioplastie, also zur Erweiterung der Herzkranzgefäße, ist das Unternehmen 1992 vom Hauptsitz Melsungen nach Berlin ans Sieversufer gezogen. Auch hier flossen mehrere Millionen Euro in den Umbau und die Modernisierung der Betriebsstätte. 275 Mitarbeiter stellen hier rund 250.000 Katheter pro Jahr in einer von Handarbeit geprägten Produktion her. Für Pharma-Werksleiter Riemenschneider hat das Engagement an der Spree viele Vorteile. Die Stadt unterstütze Industrieunternehmen bei den Herausforderungen und biete entsprechend attraktive Rahmenbedingungen. „Für uns im Bereich der Medizin ist natürlich die geografische Nähe zu führenden Zentren wie der Charité und Fachgesellschaften mit den Möglichkeiten des wissenschaftlichen Austauschs vorteilhaft“, sagt er. Generell sei das Potenzial an jungen und frischen Ideen in Berlin enorm.
Vielfältige Angebote der Aus- und Weiterbildung
Speziell im Bereich Pharma profitiere B. Braun auch vom Berufsbildungszentrum Chemie. Inzwischen würden alle Pharmakanten in Berlin ausgebildet, auch für die Produktionsstätten an anderen deutschen Standorten. Die Hauptstadt-Standorte sind aber auch für Ausbildungssuchende anderer Berufe interessant: Chemielaboranten, Maschinen- und Anlagenführer, Mechatroniker oder Industriekaufleute – um nur einige zu nennen.
Das Thema Bildung – Ausbildung neue Fachkräfte, aber auch die Fort- und Weiterbildung – nimmt B. Braun ernst. So hat es 2005 einen weiteren wichtigen Zweig in Berlin etabliert: die Aesculap-Akademie im Langenbeck-Virchow-Haus im Bezirk Mitte. Deren Angebote sollen die Fortbildung unter Medizinern fördern, richten sich aber auch an die Fachkräfte aus der Pflege und dem Krankenhausmanagement. Für B. Braun hat die Investition in Bildung Tradition: Schon 1966 gründete das Unternehmen die B. Braun Stiftung zur Förderung der Aus- und Weiterbildung von Ärzten und Pflegepersonal.
Von der Apotheke zum „Global Player“
Die ständige Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln, sich dem Markt anzupassen, ihn aber auch zu gestalten, dürfte ein wichtiger Erfolgsfaktor in der nunmehr fast 180-jährigen Firmengeschichte sein. Was am 23. Juni 1839 mit dem Erwerb der Rosen-Apotheke in Melsungen durch Firmengründer Julius Wilhelm Braun begann, ist heute ein Weltmarkt-Unternehmen mit 60.000 Mitarbeitern. 1908 wurde erstmals steriles, resorbierbares Nahtmaterial aus Hammeldärmen produziert, 1925 eröffnete B. Braun seine erste Produktionsstätte im Ausland – und zwar in Mailand. In das Jahr 1967 fiel der Kauf der Laboratório Americano S. A. und damit der Beginn der Geschäftstätigkeit in Brasilien. 1971 wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt – und expandierte munter weiter: 1972 begannen die Geschäfte in Asien, 1979 wurde B. Braun of America in den USA gegründet.
Zukäufe anderer Firmen lassen das Unternehmen weiter wachsen. Immer wieder stärken Investitionen auch den Traditionsstandort Melsungen und andere Niederlassungen in Deutschland. In all dieser Zeit macht B. Braun ein ums andere Mal mit neuen Marken von sich Reden. Nach Einführung des neuen Accelerators darf man gespannt sein, welche Innovationen sich künftig aus der Zusammenarbeit zwischen Start-ups und dem „Global Player“ ergeben. Das Leitmotiv „Sharing Expertise“ ist offensichtlich ein erfolgversprechender Ansatz.