One Health: Forschende plädieren für die Einbeziehung des Bodenmikrobioms als Bestandteil eines ganzheitlichen Ansatzes
Unsere Gesundheit ist eng verknüpft mit der Gesundheit von Tieren, Pflanzen und unserer gemeinsamen Umwelt. Dieser ganzheitliche One Health Ansatz stellt unsere Abhängigkeiten in den Fokus mit dem Ziel, die gemeinsame Gesundheit nachhaltig ins Gleichgewicht zu bringen und Risiken durch zum Beispiel Infektionskrankheiten, Antibiotikaresistenzen und Klimakrise zu begegnen. Hierfür müssen Politik, Wissenschaft und Medizin in den Bereichen Human- und Veterinärmedizin, Umwelt- und Agrarwissenschaften und Lebensmitteltechnik fächerübergreifend zusammenarbeiten.
Wissenschaftler*innen aus Australien, Italien und Deutschland haben nun im renommierten Fachjournal Nature Microbiology einen Artikel veröffentlicht, mit dem Ziel, das Bodenmikrobiom als einen weiteren Schwerpunkt in den One Health Ansatz zu integrieren. „Gesunde Böden sind die Grundlage der planetaren Gesundheit. Bisher werden der Boden und sein Mikrobiom - also alle darin vorkommenden Bakterien, Archaeen, mikrobiellen Eukaryoten und Viren - hierbei kaum berücksichtigt“, erklärt Ahmed Abdelfattah, Gruppenleiter der Arbeitsgruppe „Mikrobiom-Management“ am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB). Dabei ist der Boden einer der wichtigsten und vielfältigsten Lebensräume der Erde: In nur einer Hand voll Boden können bis zu acht Milliarden Lebewesen vorkommen.
Mikroben können zum einen vorteilhaft für die Gesundheit und das Gleichgewicht eines Ökosystems sein, während andere Vertreter, auch wenn sie nur einen sehr kleinen Teil ausmachen, uns und unserer Umwelt gefährlich werden können. Spätestens seit der Corona-Pandemie ist klar, wie eng die Gesundheit von Mensch und Tier zusammenhängt. Um zukünftige Übertragungen von Erregern zwischen Mensch und Tier zu vermeiden, ist ein umfangreiches, transdisziplinäres Wissen von Nöten. Die Autor*innen räumen den kleinen Organismen im Boden dafür eine große Bedeutung ein.
Abedelfattah erklärt weiter: „Bodenmikroorganismen sind die Hauptquelle des natürlichen Mikrobioms aller Lebewesen. Stören wir das Bodenmikrobiom, z.B. durch verseuchte Abwässer, Bodenerosion in der Landwirtschaft, aber auch bedingt durch den Klimawandel und eine verminderte Biodiversität, befördert das nachweislich Krankheiten und mindert die Qualität unserer Umwelt erheblich.“
Für eine gesunde Ernährung und Ernährungssicherheit ist ein gesunder Boden unabdingbar. Mikroorganismen beeinflussen den Nährstoffkreislauf, verbessern das Pflanzenwachstum und sind am Abbau von Schadstoffen beteiligt.
"Ein effektives Management der menschlichen Gesundheit erfordert das bestmögliche Wissen, um politische Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen zu unterstützen. Daher ist eine stärker integrierte und gut ausgestattete Infrastruktur für die Interessenvertreter der Forschenden an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik dringend erforderlich, welche die Bodengesundheit und das Mikrobiom als wichtige Komponente bei der breiteren Umsetzung des One Health-Ansatzes ausdrücklich berücksichtigt", so Prof. Brajesh Singh von der Western Sydney University und Hauptautor der Studie.
Die Autor*innen machen mit Ihrer Veröffentlichung auf große Wissenslücken aufmerksam. Wie genau beeinflusst das Bodenmikrobiom unsere Umwelt und Gesundheit? Was verursacht Störungen des Systems? Ein transdisziplinärer und systematischer Ansatz – der den Boden ein-schließt - könnte Risiken im Zusammenhang mit Humanpathogenen, Antibiotikaresistenzen und Schadstofftoxizität bewerten, vorhersagen und Präventions- und Abhilfemaßnahmen anbieten.