Neuer Regulator des Glukosetransports im Fettgewebe entdeckt

Die Rolle des Adapterproteins Picalm bei der Entstehung der Alzheimer-Krankheit ist gut beschrieben. Forschende des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE), des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD), der ETH Zürich und der Universität Cambridge haben nun erstmalig die Funktion von Picalm im weißen Fettgewebe und dessen Bedeutung für die Stoffwechselgesundheit untersucht. Sie konnten zeigen, dass eine reduzierte Picalm-Expression die Insulinempfindlichkeit und den Glukosetransport in Fettzellen verbessert. Diese kürzlich im Journal Molecular Metabolism veröffentlichten Ergebnisse könnten dazu beitragen, neue therapeutische Ansätze für die Behandlung von Typ-2-Diabetes und Adipositas zu entwickeln.

 

Das weiße Fettgewebe, früher lediglich als Fettspeicher angesehen, ist heute als endokrines Organ anerkannt und spielt eine zentrale Rolle im Stoffwechsel. Eine durch Fettleibigkeit (Adipositas) bedingte Funktionsstörung des weißen Fettgewebes gilt als eine der Hauptursachen für Typ-2-Diabetes (T2D). 

Obwohl das Fettgewebe nach einer Mahlzeit nur etwa 5 Prozent der Glukose aufnimmt und damit für die Senkung des Blutzuckers nicht unmittelbar verantwortlich ist, ist die insulinvermittelte Glukoseaufnahme in Fettzellen (Adipozyten) von großer Bedeutung. Sie ist ein zentraler Bestandteil des feinabgestimmten Energiehaushalts der Adipozyten und Störungen in diesem Prozess können dazu führen, dass Adipozyten mehr Fettsäuren in den Blutkreislauf abgeben, was zu Fettablagerungen in Organen wie Leber und den Muskeln führen kann. 

Regulationsmechanismen der Glukoseaufnahme erforschen

In den letzten Jahren hat man erkannt, dass die Insulinresistenz und die damit verbundenen Stoffwechselstörungen vermutlich hauptsächlich auf eine gestörte insulinstimulierte Glukoseaufnahme über den Glukosetransporter GLUT4 und nicht auf Defekte in der vorgeschalteten Insulinsignalübertragung zurückzuführen sind. Die Aufklärung der Stoffwechselwege im Zusammenhang mit dem GLUT4-Transporter stellt deshalb einen vielversprechenden Weg zur Entdeckung neuer therapeutischer Ziele dar. 

 

Das DIfE-Team um PD Dr. Heike Vogel identifizierte in Vorstudien mittels Transkriptomanalysen im Fettgewebe von diabetesanfälligen und diabetesresistenten Mäusen das Phosphatidylinositol Binding Clathrin Assembly Protein, kurz Picalm, als eines der Gene mit den stärksten Expressionsunterschieden. Picalm ist als Gen bekannt, das mit der Alzheimer-Krankheit assoziiert ist, und kodiert für ein Adapterprotein, das ubiquitär – also in jeder Zelle – exprimiert wird. Seine Rolle im Fettgewebe und in der Stoffwechselgesundheit blieb bislang jedoch unerforscht.

Methodenkombination in Maus, Mensch und Zelle bringt Erkenntnisgewinn

Das Forscherteam untersuchte, ob es einen Zusammenhang zwischen einer reduzierten Expression von Picalm im weißen Fettgewebe und einer verbesserten Glukosehomöostase gibt. Um die Funktion von Picalm in der metabolischen Regulation und sein Potenzial als therapeutisches Ziel für Adipositas und T2D besser zu verstehen, kombinierten die DIfE-Wissenschaftler*innen verschiedene Methoden. So verglichen sie u. a. die Picalm-Expression im weißen Fettgewebe von diabetesanfälligen und diabetesresistenten Mäusen und von Personen mit einem unterschiedlichen Body-Mass-Index. Zudem wurde untersucht, inwiefern die Picalm-Expression durch Diätinterventionen wie Intervallfasten bei Mäusen und durch eine bariatrische Chirurgie bei adipösen Personen beeinflusst werden kann. Im Zellkulturmodell manipulierten sie die Picalm-Menge in Vorläufer- (Präadipozyten) und reifen Fettzellen, um die Auswirkungen auf die Translokation des Glukosetransporters GLUT4 aus einem intrazellulären Reservoir an die Zelloberfläche, den Insulinsignalweg und die Adipogenese zu untersuchen.

Picalm als vielversprechendes Ziel zur Verbesserung der Glukosehomöostase

Die Ergebnisse zeigen erstmals, dass Picalm sowohl die GLUT4-Translokation als auch die Insulinsignalwege in Adipozyten reguliert. Interessanterweise führt eine verringerte Picalm-Expression zu einer Verstärkung der insulinvermittelten GLUT4-Translokation und der Insulinsignalwege. Die Forschenden konnten zeigen, dass Picalm zudem die Reifung von Fettzellen beeinflusst, was auf unterschiedliche Funktionen in Präadipozyten und reifen Adipozyten hinweist.

 

"Wir beschreiben hier eine neue Rolle des Adapterproteins Picalm in der Regulation der Glukosehomöostase und des Insulinsignalwegs. Besonders bemerkenswert ist die Erkenntnis, dass die Expression von Picalm sowohl durch die genetische Veranlagung für Typ-2-Diabetes beeinflusst wird, als auch durch diätetische Interventionen reduziert werden kann. Im Gegensatz zu anderen bekannten Regulatoren des Insulinsignalwegs nimmt Picalm nicht nur Einfluss auf die Signalweiterleitung, sondern beeinflusst auch direkt die zellulären Transportprozesse, die zur Glukoseaufnahme notwendig sind“, fasst Erstautorin Jasmin Gaugel zusammen.

Zukünftig wollen die DIfE-Forschenden neben den Effekten im Fettgewebe auch die Bedeutung von Picalm in der Skelettmuskulatur untersuchen, wo sie bereits einen starken Einfluss auf die Muskelzelldifferenzierung beobachten konnten. „Picalm stellt grundsätzlich ein sehr spannendes therapeutisches Ziel dar. Um unsere ersten Ergebnisse bezüglich der metabolischen Rolle von Picalm weiter aufzuklären, wollen wir transgene Tiere untersuchen, die z. B. eine muskelspezifische Deletion von Picalm aufweisen“, erläutert PD Dr. Heike Vogel die anstehenden Forschungsziele. Langfristig sei die Entwicklung von Medikamenten, die gezielt die Funktion von Picalm modulieren, um die Glukosehomöostase zu verbessern und das Risiko für T2D zu senken, ein denkbares Ziel.