Neu an der Charité: Internationaler Masterstudiengang Weltraummedizin
Muskelschwund, Knochenabbau und Veränderungen im Gehirn: Das sind nur einige der Folgen, mit denen Raumfahrende nach Aufenthalten in der Schwerelosigkeit zu kämpfen haben. Dazu kommt die psychologische Belastung durch die räumliche Enge und Isolation auf einer Raumstation. Nicht nur weil die Weltraumorganisationen längere bemannte Flüge ins All planen, sondern auch weil der Weltraumtourismus an Fahrt aufnimmt, kommt der Erforschung dieser Phänomene eine wachsende Bedeutung zu.
Dabei ist der Weltraum nur die extremste Umwelt, in die sich der Mensch begeben kann. Auch auf der Erde gibt es Bedingungen, die den Körper außergewöhnlich stark belasten – zum Beispiel durch sehr hohe oder niedrige Temperaturen, Über- und Unterdruck oder Reizarmut. Die Erforschung dieser Umgebungen und ihres Einflusses auf den Menschen hilft nicht nur, Expeditionen ins Hochgebirge oder die Arbeit der Feuerwehr sicherer zu gestalten, sondern liefert auch wichtige Erkenntnisse zum Umgang mit Hitzewellen, Bewegungsarmut oder Einsamkeit.
Selbst viele Erkenntnisse zum Aufenthalt im Weltraum kommen den Menschen auf der Erde zugute: Ähnlich wie im All verlieren Personen, die lange liegen müssen, viel Muskulatur, ihr Osteoporose-Risiko steigt. Und wie im All kann Krafttraining dieses Risiko senken. Um die anatomischen, physiologischen und psychologischen Anpassungen des Menschen an den Weltraum zu untersuchen, müssen Forschende aber nicht zwangsläufig Experimente im All durchführen. Durch Simulationsszenarien wie Parabelflüge, Isolationsstudien in der Antarktis oder Bettruhestudien lassen sich wichtige Erkenntnisse auch auf der Erde sammeln.
Studium an drei Universitäten in Europa
Um den wissenschaftlichen Nachwuchs für dieses Fachgebiet spezifisch auszubilden, haben die Charité, die Université de Caen Normandie (Frankreich) und die Jožef Stefan International Postgraduate School (Slowenien) ihre Expertise in der Weltraummedizin vereint und einen Gemeinsamen Erasmus-Mundus-Masterstudiengang konzipiert. Er soll Studierende dazu befähigen, die Fachgebiete der Weltraummedizin und Physiologie in extremen Umwelten aufseiten der Forschung voranzubringen, Raumfahrende medizinisch zu betreuen oder Lebenserhaltungssysteme für die Raumfahrt zu entwickeln.
„An der Charité haben wir mit dem Forschungsschwerpunkt Weltraummedizin am Institut für Physiologie eine lange Tradition der Untersuchung des Menschen im Weltraum und in extremen Umwelten“, sagt PD Dr. Alexander Stahn vom Institut für Physiologie der Charité, der den Studiengang an der Charité koordinieren wird. „Wir beforschen Fragestellungen vom Bewegungsapparat bis zum zentralen Nervensystem, unsere Erkenntnisse haben internationale Strahlkraft. Ich freue mich sehr, dass wir diese ausgewiesene Kompetenz zusammen mit unseren Partnern nun in einem einzigartigen Studiengang strukturiert und interdisziplinär an die nächste Generation weitergeben können.“
Für Absolvent:innen aus Medizin, Natur- und Ingenieurswissenschaften
Das zweijährige Ausbildungsprogramm richtet sich an Interessierte mit einem Hochschulabschluss in Medizin, einem Masterabschluss in Ingenieurswissenschaften oder einem Bachelorabschluss in Natur- oder Bewegungswissenschaften. Die Studierenden verbringen je ein Semester an jeder der drei Universitäten und fertigen anschließend ihre Masterarbeit an einer von 28 internationalen Partnerorganisationen an. Sie haben die Möglichkeit, an Forschungsprojekten mitzuarbeiten, die von Raumfahrtagenturen wie der NASA und ESA oder dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert werden. Anschließend erhalten sie einen gemeinsam von den drei Universitäten ausgestellten Erasmus-Mundus-Masterabschluss.
Interessierte können sich bis zum 1. März über die Université de Caen Normandie für die Teilnahme an dem Studiengang bewerben. Das Programm bietet im ersten Jahrgang 13 Studienplätze, für die Stipendien zur Verfügung stehen. Unterrichtssprache ist Englisch. Die Einrichtung des Gemeinsamen Erasmus-Mundus-Masterstudiengangs wird von der EU mit rund 4,7 Millionen Euro gefördert.