Modellprojekt: Ergebnisse für besseren Personaleinsatz in Pflegeeinrichtungen vorgestellt
Im Rahmen der Brandenburger Pflegeoffensive startete Ende 2015 ein Modellprojekt, um gemeinsam mit Pflegeeinrichtungen innovative Personaleinsatz- und Personalentwicklungskonzepte zu erarbeiten und zu erproben. Die Ergebnisse wurden heute bei einer Abschlussveranstaltung an der BTU Cottbus-Senftenberg vorgestellt. Das Projekt endet in diesem Monat. Dann soll auch eine Arbeitshilfe für Träger und Einrichtungen veröffentlicht werden.
Sozialministerin Diana Golze sagte dazu heute in Potsdam: „Mit der steigenden Anzahl von Pflegebedürftigen steigt auch der Fachkräftebedarf. Schon heute werden nicht nur in Brandenburg dringend Altenpflegerinnen und Altenpfleger gesucht. Umso wichtiger ist es, deren Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Fachkräfte sinnvoll und entsprechend ihrer Qualifizierung einzusetzen. In der Praxis kann es zu Über-, Unterforderungen und Fehlbelastungen kommen, vor allem auch dann, wenn auf fachlich-inhaltliche, organisatorische und menschlich-soziale Veränderungen nicht angemessen reagiert wird. Das Modellprojekt zeigt, dass man zum Beispiel Pflegefachkräfte von gewissen Routineaufgaben entlasten kann, damit sie mehr Zeit für die tatsächliche Pflege haben. Auch die Vollzeitquote in Pflegeeinrichtungen muss dringend erhöht werden. Aktuell arbeiten nur 32 Prozent der Brandenburger Pflegekräfte in Vollzeit. Von den Ergebnissen des Modellprojektes sollen langfristig alle stationären Pflegeeinrichtungen im Land Brandenburg profitieren.“
Träger des Modellprojektes „Anforderungen an Pflegefachkräfte – Entwicklung innovativer Personaleinsatz- und Entwicklungskonzepte“ sind die BTU Cottbus-Senftenberg und das Institut für Pflege- und Gesundheitswissenschaft an der Akkon Hochschule in Berlin. Die Arbeit wurde vom Sozialministerium mit insgesamt 288.000 Euro aus Landesmitteln unterstützt. Begleitet wird das Projekt vom Landesamt für Soziales und Versorgung.
Ziel des Projektes ist es, den Einsatz von Pflegefachkräften und Pflegehilfskräften in einer Einrichtung effizienter abzustimmen und an Normen und Regelungen zum Tätigkeitsbereich auszurichten, die arbeitsbegleitende Weiterentwicklung der Fachpersonen zu fördern, um damit die Pflegequalität zu verbessern, die Attraktivität der Beschäftigung in der Pflege zu erhöhen und einen Beitrag zur Verringerung des Fachkräftebedarfs zu leisten. Sechs verschiedene Brandenburger Altenpflegeheime haben sich beteiligt und mit wissenschaftlicher Unterstützung den Einsatz ihrer Beschäftigten analysiert und weiterentwickelt.
Sozialministerin Golze sagte: „In einer Pflegeeinrichtung arbeiten viele verschiedene Berufsgruppen zusammen. Darunter sind Altenpfleger/innen und Altenpflegehelfer/innen, Gesundheits- und Krankenpfleger/innen, Sozialarbeiter/innen bis hin zu Küchen- und Reinigungskräften. Gemeinsam sorgen sie engagiert für einen reibungslosen Tagesablauf zum Wohle der Bewohnerinnen und Bewohner. Wie immer, wenn Fachpersonen überberuflich oder an Schnittstellen zusammenarbeiten, kann es zu Problemen bei der Abstimmung, der Zuständigkeit, der Organisation von Abläufen oder der fachlichen Verantwortung kommen. Im Alltagsstress ist es für die Einrichtungen oftmals schwierig, die Potentiale für eine bessere und effizientere Zusammenarbeit zu erkennen und dann auch noch umzusetzen. Und auch die ‚Routinisierung der Arbeiten‘ kann einem Hinterfragen und Reflektieren der Zusammenarbeit im Wege stehen. In der Praxis beklagen aber besonders Fachkräfte mit einer längeren Ausbildung, dass sie zu viel Arbeitszeit für Tätigkeiten aufwenden müssen, für die sie eigentlich überqualifiziert sind.“
Prof. Dr. Marina Ney von der BTU Cottbus-Senftenberg sagte: „Pflege und Betreuung sind Teamarbeit von Mitarbeitern unterschiedlicher Berufsgruppen. Fachkräfte müssen Aufgaben in ihren Teams professionell koordinieren und steuern können. So wird eine, für den alten Menschen harmonisch erlebbare Gesamtleistung in hoher fachlicher Qualität möglich. Im Projekt wurden u. a. Möglichkeiten der Personalentwicklung erfasst, die der Qualifizierung und Stärkung von Pflegefachkräften und einzelner Mitarbeiter genauso dienen wie der Kooperation untereinander. Diese Veränderungen im laufenden Betrieb so umzusetzen, dass die Belastungen für die Beschäftigten nicht zu groß werden, ist eine Herausforderung. Im Laufe des Projektes wurden daher Instrumente entwickelt, die die Entwicklung und Umsetzung von Veränderungen für die Beschäftigten erleichtern.
Prof. Dr. Bärbel Dangel vom Institut für Pflege- und Gesundheitswissenschaften sagte: „‚Pflege‘ als strukturierendes Element der Versorgung ist zugleich in der Position, die Verantwortung für den Gesamtprozess zu tragen. Eine klare Strukturierung der Versorgung kann ‚Reibungsverluste‘ vermeiden und Zeit für die Klientel, für neue Aufgaben oder die Weiterentwicklung in der Praxis freisetzen. Es gibt Aufgaben, die in ihrer Ausführung an Pflegefachkräfte gebunden sind, andere sind unter Anleitung und Begleitung delegierbar. Fachkräfte ohne bereichspezifische Ausbildung sind verbindlich in den gesamten Arbeitsprozess einzubinden. Pflege steuert die versorgenden Abläufe innerhalb der Einrichtung und über die Grenzen von Berufen und Institutionen hinaus. Und schließlich unterliegen Pflege und Versorgung vielerlei Qualitätsanforderungen und -prüfungen innerhalb der Einrichtung und von außen. Für diese Aufgaben, Leben in der Einrichtung und Versorgung transparent für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu machen und jeden aufgabengerecht einzubinden, wurden im Projekt Hilfsmittel und Anregungen (Checklisten, Ablaufschemata, Kriterien) entwickelt, die entsprechend dem Profil der Einrichtung genutzt werden können. Das Vorhaben hat an vielen Punkten unter Beweis gestellt, dass dies die Arbeiten bewohnerorientiert gestalten, Umwege in der Versorgung vermeiden und die Zufriedenheit steigern kann.“
Hintergrund
Der Fachkräftebedarf in der Altenpflege steigt deutlich: Waren im Jahr 2005 im Land Brandenburg insgesamt 20.210 Menschen in ambulanten Pflegediensten und stationären Einrichtungen beschäftigt, waren es im Jahr 2015 insgesamt 34.648 Beschäftigte. Das ist ein Zuwachs von 71 Prozent. Sollte die Zahl der Pflegebedürftigen unverändert weiter steigen, müsste die Zahl der Beschäftigten in Brandenburg bis zum Jahr 2040 auf insgesamt 57.880 steigen.
Die Altenpflege wird von zwei Berufsbildern geprägt: Staatlich anerkannte Altenpflegerinnen und Altenpfleger müssen eine dreijährige Ausbildung absolvieren. Sie gelten als Pflegefachkräfte und verantworten die Pflege und Betreuung hilfebedürftiger Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen oder bei ambulanten Pflegediensten. Dabei nehmen sie auch pflegerisch-medizinische Aufgaben wahr. Die Ausbildung von staatlich anerkannten Altenpflegehelferinnen und Altenpflegehelferndauert ein Jahr. Ihre Aufgabe ist es, Altenpfleger/innen bei allen Tätigkeiten rund um die Betreuung und Pflege älterer Menschen zu unterstützen.
Mit Beginn des Ausbildungsjahres 2017/2018 fördert das Land ergänzend zur dreijährigen Altenpflegausbildung nun auch die staatlich anerkannte einjährige Altenpflegehilfeausbildung als Regelausbildung. Nach dem erfolgreichen Abschluss kann zudem in eine verkürzte Altenpflegeausbildung gewechselt werden. Um Ausbildungsabbrüche zu verringern stellt das Land erstmals Mittel für die Begleitung dieser Ausbildung zur Verfügung.
Im Land Brandenburg gibt es 18 staatlich anerkannte Altenpflegeschulen für die Altenpflege- sowie Altenpflegehilfeausbildung. Das Land unterstützt die Altenpflegeschulen mit monatlich 380 Euro pro Schülerin und Schüler.
Im Oktober 2017 haben insgesamt 813 junge Menschen eine Ausbildung in der Altenpflege und Altenhilfe begonnen. Im Jahr zuvor waren es 730 Auszubildende.