Interview mit Professor Dr. Roland Eils, Gründungsdirektor des BIH-Zentrums Digitale Gesundheit
Herr Professor Eils, Sie sind 2018 von Heidelberg nach Berlin gekommen und seitdem Gründungsdirektor des Zentrums für Digitale Gesundheit des Berlin Institute of Health (BIH) an der Charité. Was war Ihr erster Eindruck von der Hauptstadt und wie hat sich Ihre Arbeit hier verändert?
Mein erster Eindruck war sehr positiv und ich bin vom ersten Tag an hier angekommen. Heidelberg ist eine schöne Stadt, die auch durch eine hohe Dichte in der Forschung überzeugen kann. Allerdings ist sie mit Berlin nicht zu vergleichen. Die Möglichkeiten hier sind vielfältiger und ich habe das von Anfang an als große Bereicherung wahrgenommen. Dass hier auch das persönliche Leben ein gänzlich anderes ist, hat auf mich gleich eine große Faszination ausgeübt, die bis heute anhält. Der Berufungsprozess gestaltete sich zwar etwas holprig, mittlerweile bin ich aber richtig angekommen und genieße es, etwas bewegen zu können.
Sie sind auch Leiter des HiGHmed Konsortiums, das seit 2018 mit Hilfe von innovativen Informationsinfrastrukturen einen schnelleren Transfer von Ergebnissen aus der Forschung in die klinische Praxis ermöglichen soll. Welche Bedeutung schreiben Sie der digitalen Medizin in der Hauptstadtregion zu?
Das HiGHmed Konsortium wurde durch die drei Universitätsmedizin-Standorte Heidelberg, Göttingen und Hannover gegründet, mittlerweile sind mehr als acht Standorte in dem Netzwerk integriert. Insgesamt leisten wir bei HiGHmed Vorarbeit für die Interoperabilität und Nutzbarkeit von Daten aus Gesundheitsversorgung und -forschung. In Berlin gibt es viele aktive und forschende Kliniken und Krankenhäuser, die auch sehr stark an der Weiterentwicklung der digitalen Medizin mitwirken. Ergebnisse dieser Weiterentwicklungen fließen in ähnliche Projekte wie HiGHmed ein, beispielsweise im Modellprojekt CAEHR, das in Berlin von Vivantes und der Charité getragen wird und versucht Menschen mit Herzinsuffizienz in der Nachsorge besser digital zu versorgen. Grundsätzlich ist die digitale Medizin in der Hauptstadtregion im Gesundheitssektor ein sehr wichtiger Faktor.
Am 30. Juni 2021 wurden die Gewinnerkonsortien für den vom Bundeswirtschaftsministerium ausgerichteten GAIA-X Förderwettbewerb bekannt gegeben. Das Konsortium HEALTH-X dataLOF ist einer der Gewinner. Können Sie uns kurz erläutern, welche Ziele das Vorhaben hat?
Ich koordiniere das HEALTH-X dataLOFT Konsortium, das wir erfolgreich durch den hochkompetitiven GAIA-X Förderwettbewerb gebracht haben. GAIA-X ist ein europäisches Projekt, mit dem Ziel ein offenes und transparentes digitales Ökosystem zu schaffen, in dem Daten und Dienste verfügbar sind. Als eines von zwei geförderten deutschen Konsortien im Gesundheitsbereich ist HEALTH-X dataLOFT jetzt dort integriert. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, einen auf die Bürger zentrierten Zugang zu den Gesundheitsdaten in aller Breite und Tiefe zu ermöglichen. Damit sind sowohl die Daten aus der primären Krankenversorgung als auch Daten gemeint, die ich über mich selbst erhebe, beispielsweise mittels einer Smartwatch. Bisher gibt es keinen umfassenden Zugriff auf meine Behandlungsdaten, obwohl es gesetzlich vorgesehen ist, wir wollen dafür die technischen Voraussetzungen schaffen.
Mit Hinblick auf die Neuerungen, die Ihre Plattform beabsichtigt: Was sollten Entwickler von digitalen Gesundheitsanwendungen beachten?
GAIA-X entwickelt offene Spezifikationen und Standards für das Zusammenführen, Verwalten und Teilen von Daten. Wenn sich Entwickler auf dem digitalen Gesundheitsmarkt in Deutschland und Europa bewegen, sollten sie beachten, dass Produkte und Lösungen damit jederzeit kompatibel sind. Respektive können sich Entwickler – ob aus der Industrie oder von kleineren Start-ups – an der Entwicklung dieser Spezifikationen beteiligen, da dieser Prozess bei der GAIA-X-Community offen und transparent gestaltet wird. Für Health-X Dataloft haben wir einen strukturierten Onboarding-Prozess etabliert, mit dem wir neue Partner mit neuen Geschäftsideen und Anwendungsmodellen einbinden können.
Sie richten jährlich die internationale Konferenz SYSTEMS BIOLOGY OF HUMAN DISEASE – SBHD aus. An wen richtet sich diese Konferenz und welche Ziele verfolgt sie?
Ursprünglich war die SBHD als transatlantische Konferenz zwischen Deutschland und den USA angelegt, aber mittlerweile zieht sie Teilnehmer aus der ganzen Welt an. Bisher hatten wir als amerikanischen Partner die Harvard Medical School, ab kommenden Jahr wird es die Vanderbilt University aus Nashville sein. Die Konferenz ist mit 150 bis 200 Teilnehmern eher klein und richtet sich an Forschende, die ein Interesse an einem systemischen Verständnis von Krankheiten haben. Es geht also um einen umfassenden Ansatz, der den Grund der Krankheitsentstehung und ihrer Progression erkennen will, um es möglich zu machen, die Krankheit an ihrer Wurzel zu behandeln.