Interview | Dr. Ulrich Reineke Managing Director 3B Pharmaceuticals

Einblicke in ein Berliner Biotech-Unternehmen – 3B Pharmaceuticals

Das Berliner Biotechnologieunternehmen 3B Pharmaceuticals GmbH (3BP) blickt auf eine über 16jährige Erfolgsgeschichte zurück. 3BP entwickelt zielgerichtete Radiopharmaka und Diagnostika für onkologische Indikationen mit hohem medizinischem Bedarf. Für die Peptidentdeckung und -optimierung hat der Nuklearmedizin-Spezialist eine Technologieplattform aufgebaut, die von der Hit-Identifizierung bis zur frühen klinischen Entwicklung reicht. Wir haben mit Mitbegründer und Geschäftsführer Dr. Ulrich Reineke über den Erfolg der vergangenen Jahre und den neuen Standort von 3BP in Adlershof gesprochen.

     

     

    3BP ist aus dem Verkauf der Jerini AG an Shire hervorgegangen. Wie ist das damals gelungen und wie wurden die damaligen Assets weiterentwickelt?  

    Shire war in erste Linie an Jerinis zugelassenem Produkt Icatibant (Firazyr®) zur Behandlung akuter Attacken des Hereditären Angioödems (HAE) interessiert und hat dafür die gesamte Firma übernommen. Es gab aber natürlich viel mehr als Icatibant, da wir bei Jerini eine große Forschungsabteilung aufgebaut hatten. Es ist uns damals gelungen, eine Forschungskooperation mit Baxter zur Entwicklung neuartiger Wirkstoffe für die Hämophilietherapie zu übernehmen. Aufgrund besonderer Umstände mussten wir für die gesamte Laborausstattung nur einen symbolischen Euro bezahlen. Die Kooperation mit Baxter hat uns sofort profitabel gemacht und wir haben alle Gewinne in unser neues Kerngeschäft, die Entwicklung therapeutischer und diagnostischer Radiopharmaka für die Nuklearmedizin investiert. 

    Welche waren die wichtigsten Schritte auf dem Weg von 3B Pharmaceuticals (3BP) bisher?  

    Eine besondere Bestätigung und Motivation für das ganze Team war die Behandlung der ersten Patient(inn)en mit Bauchspeicheldrüsenkrebs bzw. Ewing Sarkom mit unserem ersten Entwicklungskandidaten 3BP-227. Als wir im Jahr 2009 mit der Forschung begonnen haben, war die Entwicklung von Radiopharmaka ein Kuriosum, an dem Investoren und Pharmafirmen nicht interessiert waren. Deshalb war die Auslizensierung von 3BP-277 an Ipsen im Jahr 2016 (inzwischen wurde das Projekt von Fusion Pharmaceuticals/AstraZeneca übernommen) ein wichtiger Meilenstein insbesondere für die Finanzierung von 3BP. Seitdem haben wir unsere Pipeline stetig erweitert und weitere Lizenzverträge u.a. mit Novartis, dem Marktführer in der Radioligandentherapie (RLT), geschlossen. Das Interesse ist in den vergangenen Jahren erfreulicherweise enorm gestiegen und das Feld ist tatsächlich „hot“. Seit Anfang 2024 bauen wir unsere eigene klinische Entwicklung auf und wollen im nächsten Jahr die erste von 3BP gesponserte klinische Studie beginnen. 

    2016 hatten wir das letzte gemeinsame Interview, als gerade die Auslizensierung an IPSEN zustande gekommen war. Seitdem ist das Unternehmen erfolgreich vorangekommen und konnte viele weiteren Partner gewinnen.  Wie ist das gelungen und was ist an der Technologie von 3BP so gut?  

    Wir haben vor über 16 Jahren angefangen unsere Technologieplattform aufzubauen, als es noch wenig industrielle Erfahrung mit der Identifizierung und Entwicklung von Radiopharmaka gab. Wir waren damals auch noch sehr naiv - vermutlich eine der wichtigsten Voraussetzungen, um eine Biotechnologiefirma zu gründen - und haben die Herausforderungen anfänglich unterschätzt. Wir haben uns aber dadurch einen Technologievorsprung erarbeitet, der uns heute hilft. Entscheidend ist auch, dass wir alle wichtigen Entwicklungsschritte bis zur Auswahl eines Entwicklungskandidaten intern etabliert und spezifisch für Radiopharmaka optimiert haben. 

    Inzwischen hat 3BP ein Grundstück in Adlershof gekauft für ein eigenes Labor- und Bürogebäude. Am 13. September 2024 wurde sogar schon Richtfest gefeiert. Mit Adlershof verbindet das Unternehmen - und besonders auch Sie - eine lange Historie. Wie hat alles angefangen?  

    1997 habe ich an der Humboldt-Universität meine Doktorarbeit in der Arbeitsgruppe von Jens Schneider-Mergener abgeschlossen, der in dieser Zeit die Jerini Biotools GmbH (die spätere Jerini AG) gegründet hatte. Jerini war damals in einem Gründerzentrum (IGZ) in Adlershof angesiedelt. Ich hatte dort die Möglichkeit als einer der ersten Mitarbeiter meine wissenschaftliche Arbeit in angewandte Forschung zu übersetzen und habe so die Faszination der Biotech-Industrie kennengelernt. Es war dann ein leichter Schritt, mit 3BP nach vielen Jahren wieder nach Adlershof zu kommen, das sich in der Zwischenzeit enorm entwickelt hatte. Der Standort Adlershof und seine Dynamik begeistern mich. 

    Ein Biotech-Unternehmen, das sich ein eigenes Gebäude baut, das gibt es selten. War es schwierig Investoren zu überzeugen?  

    Wir hatten große Zustimmung und Unterstützung unserer Gesellschafter. Ich hatte das nicht erwartet, da das dem typischen Biotech-Geschäftsmodell natürlich nicht entspricht. Aber das Grundstück war ideal und die sonstigen Umstände haben auch gepasst. Man muss auch berücksichtigen, dass wir erhebliche technische Anforderungen an unsere Labore haben, da wir chemische, biologische, analytische und radiochemische Arbeiten durchführen. Geeignete Mietobjekte waren nicht verfügbar oder hätten unerschwingliche Anpassungen und Umbauten erfordert. Also war das eigene Labor- und Bürogebäude naheliegend. 

    Sie sind ein vielseitig begabter Geschäftsführer. Stimmt es, dass Sie auch ein guter Musiker sind?  

    Ob ich ein guter Musiker bin, müssen die Zuhörer beurteilen. Ich habe außer Biochemie auch Horn an den Musikhochschulen in Hamburg und Berlin studiert und habe damals als Substitut an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin spielen dürfen. Das war eine großartige Erfahrung, aber heute geht natürlich 3BP vor und die Musik ist ein erfüllendes Hobby. 

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