Im Portrait: OMEICOS geht neue Wege gegen Vorhofflimmern
Vorhofflimmern betrifft nach Unternehmensangaben mehr als 33 Millionen Menschen weltweit. Allein in Deutschland seien es aktuell mehr als zwei Millionen. Die Betroffenen nehmen die Erkrankung unterschiedlich wahr: Manche spüren nichts, andere beschreiben Symptome wie Herzrasen, Schwindelgefühl, Atemnot oder Brustschmerzen. Das Vorhofflimmern an sich ist nicht lebensbedrohlich. Ohne Therapie jedoch droht ein Schlaganfall.
Da beim Vorhofflimmern die Übertragung elektrischer Signale an die Muskelzellen des Vorhofs gestört ist und das Herz so aus dem Takt gerät, wird das Phänomen in aller Regel mit anti-arrhythmischen Medikamenten behandelt. Diese sollen das Herz in seinem normalen Sinusrhythmus halten, die Gabe geht jedoch teils mit erheblichen, unerwünschten Nebenwirkungen einher. Die Medikamentenentwicklung von OMEICOS zielt darauf ab, das Herz in seinem Rhythmus nicht nur stabil zu halten, sondern dies mit deutlich geringeren Nebenwirkungen zu tun als die zurzeit auf dem Markt befindlichen Medikamente. Zudem soll das Medikament von OMEICOS idealerweise auch zur Verbesserung der dem Krankheitsbild ursächlich zugrunde liegenden Probleme beitragen.
Das Berliner Unternehmen baut mit seiner Arbeit auf vorhandenen Erkenntnissen der positiven Wirkung von Omega-3-Fettsäuren bei Herz-Kreislauferkrankungen auf. Man weiß inzwischen, dass es ein spezieller Metabolit dieser Fettsäuren ist, der die herzschützende Wirkung entfaltet. Dieses Zwischenprodukt des Zellstoffwechsels wird allerdings sehr schnell von körpereigenen Enzymen abgebaut und ist daher für den therapeutischen Einsatz ungeeignet. Hier setzt OMEICOS an.
Hoffnungsträger OMT-28
Das Team entwickelte gegenüber dem natürlichen Metaboliten ein deutlich stabileres Analogon, das mit einer Halbwertszeit von 48 Stunden für einen medikamentösen Einsatz geeignet ist. Im Gegensatz zu allen anderen medikamentösen Ansätzen adressiert dieses Analogon nicht unmittelbar die Ionenkanäle in den Herzzellen. Stattdessen aktiviert der Wirkstoff einen körpereigenen, organ-protektiven Signalweg, der den Herzrhythmus stabilisiert – bei gleichzeitig herzschützender Wirkung.
OMT-28 ist der Name des synthetisierten Analogons. Geschäftsführer Dr. Robert Fischer sagt: „Dieser Ansatz ist bislang einzigartig: Neben der anti-arrhythmischen Wirkung verspricht er einen heilenden Einfluss auf die jeweils zugrundeliegenden strukturellen Schädigungen des Herzens.“
Die Grundlagenforschung zu diesem Themenkomplex – also zum Beispiel die Identifizierung des Metaboliten der Fettsäuren, der die herzschützende Wirkung entfaltet – fand ebenfalls in Berlin-Buch statt, u.a. in der Arbeitsgruppe von Wolf-Hagen Schunck am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC). Hier arbeitet man schon seit 2003 an dem Thema, und fand zunächst heraus, dass es der effektive Metabolit 17,18-EEQ ist, der den stabilisierenden Effekt hat. Das synthetische Analogon OMT-28 bis zur Marktreife zu entwickeln ist nun die Aufgabe von OMEICOS. Die Firma ging 2013 als Spin-off an den Start. Schon das Gründerteam war interdisziplinär aufgestellt – ein Biochemiker, ein Pharmakologe, ein Medizinalchemiker, ein Kardiologe und eine Technologietransfermanagerin waren dabei.
Unterstützung mit 37 Millionen Euro
Seit der Gründung 2013 sind rund 20 Millionen Euro an Risikokapital und Fördermitteln in zwei Finanzierungsrunden in das Unternehmen geflossen. Mit der dritten Finanzierungsrunde, die im Oktober abgeschlossen wurde, konnte OMEICOS weitere 17 Millionen Euro akquirieren. Investoren sind Forbion, Vesalius Biocapital, Remiges BioPharma Fund, die SMS Group GmbH, die KFW Group, VC Fonds Technologie Berlin (IBBbet), die High-Tech Gründerfonds II GmbH & Co. KG und der Falck Revocable Trust. Das Kapital, das nun neu zur Verfügung steht wird unter anderem für die klinische Phase II mit OMT-28 eingesetzt, bei der zum ersten Mal die Substanz Vorhofflimmerpatienten gegeben wird.
Dies soll im ersten Quartal 2019 soweit sein. Rund 120 Patienten mit paroxysmalem und persistierendem Vorhofflimmern sollen OMT-28 dann im Rahmen der Phase II Studie „Promise –AF“ erhalten. Untersucht wird u.a. wie effektiv OMT-28 den durch elektrische Kardioversion erlangten Sinusrhythmus des Herzens erhalten kann. Zudem wird im Rahmen der Studie die Dosisfindung erfolgen, also die Ermittlung der Wirkdosis, die dann für die nachfolgende klinische Phase III verwendet werden soll.
Gutes Netzwerk in Berlin-Buch
Auch wenn OMEICOS in den USA 2017 eine Tochterfirma gegründet hat – diese beschäftigt sich insbesondere mit neuartigen Behandlungsmöglichkeiten in der Augenheilkunde –, fühlt sich die Firma in Berlin-Buch laut des Managements bestens aufgehoben. Hier will das OMEICOS-Team zusätzlich zum Vorhofflimmerprojekt auch in weiteren Krankheitsfeldern aktiv werden. Langfristig soll eine umfassende Substanzbibliothek mit Kandidaten für die weitere Medikamentenentwicklung im Bereich kardiovaskulärer, ophthalmologischer und inflammatorischer Erkrankungen aufgebaut werden. „Das Team schätzt die Nähe zum Kooperationspartner MDC“, sagt Dr. Karen Uhlmann, Mitgründerin der OMEICOS. Darüber hinaus finde man in der Hauptstadt sehr gut ausgebildete Mitarbeiter.
Auch im Netzwerk für Wirkstoffentwicklung NetPhaSol, das im Mai 2017 gegründet wurde, ist OMEICOS dabei. Dass solche Netzwerke vorhanden sind, ist aus Sicht Uhlmanns eine gute Unterstützung. Sie schätzt das „breit aufgestellte Expertennetzwerk für die klinische Entwicklung in der Stadt, sowohl für Herz-Kreislauf-Erkrankungen als auch für die Ophthalmologie.“ Dass diese Wertschätzung auf Gegenseitigkeit beruht, zeigt die jüngst verkündete Nominierung von OMEICOS für den diesjährigen Innovationspreis Berlin-Brandenburg, der am 30. November vergeben wird.