Georg Duda wird BIH Chair for Engineering Regenerative Therapies
Der Ingenieur Georg Duda interessiert sich schon seit Beginn seiner Forschungstätigkeit für die Regeneration von Geweben. Darunter verstehen Mediziner die Fähigkeit des Körpers, nach Verletzung oder Krankheit Gewebe und deren Funktion wieder vollständig herzustellen. „Ein Musterbeispiel für solche Regenerationsprozesse ist der Knochen“, sagt Georg Duda. „Nach einem Bruch heilt ein Knochen in der Regel schnell und ohne Narbe aus und stellt dabei Form und Funktion vollständig wieder her. Für diese Fähigkeit ist ein ausgeklügeltes Programm der Selbstorganisation und Heilung verantwortlich, das bereits im gesunden Knochen durch einen ständigen Auf-, Um- und Abbau durch aufbauende und abbauende Zellen angelegt ist. Diese Fähigkeit des Knochens kann als Blaupause für jede Form von Regeneration nach Erkrankung und Verletzung dienen.“
Wechselspiel zwischen mechanischer Belastung und Entzündung
Leider gibt es Patient*innen, bei denen die Regeneration nicht gelingt, und ein Bruch des Knochens oder eine Verletzung der Muskulatur nicht oder nur sehr langsam heilt. Duda und sein Team konnten zeigen, dass direkt nach einer Fraktur oder einer Verletzung mechanische Einflüsse einerseits und bestimmte Entzündungsprozesse andererseits den Erfolg von Heilung bestimmen. Auch ob sich neue Blutgefäße bilden, die so genannte Angiogenese stattfindet, hängt von diesen Einflüssen ab. „Es ist das Wechselspiel zwischen mechanischer Belastung und Entzündung, das die zelluläre Selbstorganisation und den Auf- und Abbau von Gewebe steuert. Wenn man dieses Wechselspiel gezielt beeinflusst, kann man den körpereigenen Regenerationsprozess stimulieren und so zum Beispiel narbenfreie Heilung ermöglichen. Das gelingt uns entweder durch mechano-therapeutische oder durch immuntherapeutische Ansätze oder durch eine Kombination aus beiden.“
Paradigmenwechsel in der Medizin
Die meisten Entwicklungen von neuen Therapien finden derzeit im Bereich der so genannten Advanced Therapeutic and Medicinal Products – also Zell- und Gentherapien oder Kombinationsprodukten mit der Medizintechnik - statt. Ziel ist es, lebenslange Therapien wie die chronische Medikamenteneinnahme oder den Einsatz künstlicher Gelenke zu ersetzen. Die neuartigen Therapien sollen in situ – also im Körper – die körpereigene (endogene) Regeneration ermöglichen. Dies ist ein Paradigmenwechsel in der Medizin, indem Gesundheit wieder hergestellt und nicht nur Symptome von Krankheiten gelindert werden sollen. „Wir haben uns deshalb entschlossen, gemeinsam mit der Charité den Forschungsfokus Regenerative Therapien auszubauen und weiterzuentwickeln“, sagt Professor Christopher Baum, Vorstandsvorsitzender des Berlin Institute of Health (BIH). „Wir freuen uns sehr, dass wir mit Georg Duda einen ausgewiesenen Experten auf dem Gebiet der Regeneration für die wichtige Funktion des BIH Chair in diesem Bereich gewonnen haben.“
„Form follows function“
Georg Duda ist auch der Gründungsdirektor des Julius Wolff Instituts für Biomechanik und Muskuloskeletale Regeneration an der Charité. Julius Wolff war der erste Ordinarius für Orthopädie an der Charité. „Wolff prägte das Wolff´sche Gesetz, nach dem die Form eines Knochens genau seiner Belastung entspricht“, erklärt Georg Duda. „Damit ist Wolff der eigentliche Begründer der Regel ‚Form follows Function‘.“ Diese Prinzipien von Wolff kann man schon heute in dem Translationsbereich BeMoveD, den Georg Duda mit den Kollegen des Centrums Muskuloskeletale Chirurgie betreibt, erfahren und sich dort zu Arthrose und Rückenschmerz beraten lassen.
Als BIH-Chair will sich Georg Duda insbesondere dem Hauptanliegen des BIH, der medizinischen Translation widmen. „Der Fokusbereich Regenerative Therapien vereinigt hervorragende Vertreter*innen aus der Grundlagenforschung mit exzellenten Kliniker*innen verschiedenster Disziplinen: Das reicht von der Immunologie, der Kardiologie und Kardiochirurgie bis zur Orthopädie und Chirurgie, von der Biomechanik über die Materialwissenschaften, die Mathematik und die Informatik bis zur Zellbiolologie und Biochemie: Hier kann Translation effektiv und nachhaltig gelingen, indem alle nötigen Kompetenzen zusammenkommen und an einem Strang ziehen. Damit schaffen wir eine Kultur, in der Forschungsergebnisse in Anwendungen am Patienten übertragen werden und die Erfahrungen bei dieser Translation zurück in die Grundlagenforschung gelangen.“
Zur Person
Georg Duda wurde 1966 in Berlin geboren und studierte an der Technischen Universität Berlin Feinwerktechnik und biomedizinische Technik. 1996 promovierte er im Bereich Biomechanik an der TU Hamburg-Harbug zum Dr. Ing. Es folgten Forschungsaufenthalte als PostDoc in der unfallchirurgischen Forschung der Universität Ulm und den USA, an der Mayo Clinic in Rochester und der Johns Hopkins Universität in Baltimore, bevor er im Jahre 1997 ein eigenes Forschungslabor im Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie an der Charité gründete. 2001 habilitierte sich Duda in Experimenteller Chirurgie an der Charité und folgte ein Jahr später dem Ruf auf die C3-Professur für Biomechanik und Biologie der Knochenheilung. Seit 2008 ist er Direktor des Julius Wolff Instituts und W3-Professor für Biomechanik und Muskuloskeletale Regeneration. Er ist Vizedirektor des BIH Center for Regenerative Therapies, Sprecher der Exzellenz-Graduiertenschule BSRT und des Einstein Center for Regenerative Therapies. Duda hält Gastprofessuren für „Regenerative Medicine and Musculoskeletal Sciences" an der Universität Oxford sowie am Wyss Institute for Biologically Inspired Engineering der Harvard University in Boston, USA.
Weitere Informationen
Link zum BIH Center for Regenerative Therapies: https://www.bihealth.org/de/regeneration
Link zum Julius Wolff – Institut: https://jwi.charite.de
Link zum Translationsbereich BeMoved: https://bemoved.charite.de