Computationale Neurologie: Förderzusage für Professur der Schilling-Stiftung an Christian Meisel

Der am Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) und Charité – Universitätsmedizin Berlin tätige Mediziner und Neurowissenschaftler PD Dr. Christian Meisel hat die Förderzusage für eine Stiftungsprofessur für Computationale Neurologie der Hermann und Lilly Schilling-Stiftung für medizinische Forschung erhalten. Die Schilling-Stiftung fördert seit 50 Jahren herausragende kliniknahe Grundlagenforschung in der Neurologie. Anlässlich dieses Jubiläums hatte sie eine Professur im Bereich der Computationalen Neurologie ausgeschrieben. Die auf künstliche Intelligenz (KI) gestützte Forschung von Christian Meisel und seinem Team erarbeitet unter anderem neue Ansätze für die Versorgung von Menschen mit Epilepsie und intensivmedizinisch betreute Patient*innen: Echtzeitfähige Monitoringverfahren sollen eine kontinuierliche Risikobewertung ermöglichen und falls notwendig, frühzeitiges therapeutisches Eingreifen ermöglichen. Die Professur ist mit einer Förderung von drei Millionen Euro über eine Laufzeit von acht Jahren verbunden.

 

 

 

Die Computationale Neurologie ist eine noch junge Forschungsdisziplin mit dem Ziel, das Verständnis neurologischer Systemfunktionen zu erweitern und die diagnostischen, therapeutischen und präventiven Möglichkeiten bei neurologischen Erkrankungen zu verbessern. Verfahren der künstlichen Intelligenz unterstützen dabei, große und komplexe Datenmengen (Big Data) zügig auszuwerten. „Wir arbeiten mit multimodalen Zeitreihen-Daten aus dem gesamten Gesundheits-Krankheits-Kontinuum und setzen dafür auch tragbare Messgeräte, sogenannte Wearables, und Neuromonitoring ein“, erklärt Christian Meisel. „Dieses Vorgehen eröffnet ganz neue Dimensionen der Datenanalyse und ich bin überzeugt, dass wir dies in vielfältiger Weise konkret in der Versorgung der Patientinnen und Patienten anwenden werden können. Ich denke dabei nicht nur an einen beschleunigten Erkenntnisgewinn, sondern auch an einen schnellen Transfer dieser Erkenntnisse in die Patientenversorgung.“

„Das Einwerben der Stiftungsprofessur ist eine großartige Auszeichnung von Christian Meisels Arbeit”, sagt Professor Christopher Baum, Vorsitzender des Direktoriums des BIH und Vorstand für den Translationsforschungsbereich der Charité. „Wir freuen uns sehr darüber, dass wir diese wichtige Disziplin an der Schnittstelle zwischen Daten- und Lebenswissenschaften am BIH weiter ausbauen können. Hier wird sichtbar, dass Forschung die Lebensrealität von Betroffenen unmittelbar positiv beeinflussen kann und so der Mission des BIH gerecht wird: Erkenntnisse aus der Forschung zu den Patientinnen und Patienten zu bringen.

Professor Matthias Endres, Direktor der Klinik für Neurologie der Charité, ergänzt: „Die Förderung der Schilling-Stiftung und die zukünftige Arbeit von Christian Meisel wird unmittelbar den neurologischen Patientinnen und Patienten, unter anderem mit Schlaganfall, Epilepsie und auch auf der Intensivstation zugutekommen.“

Im Sinne einer schnellen Translation

Nach Tätigkeiten unter anderem an der Harvard Medical School in Boston, USA, und den National Institutes of Health in Bethesda, USA, kam Christian Meisel im September 2020 an das BIH und die Charité. Dort ist er gleichzeitig als Wissenschaftler und Oberarzt tätig.

Die Anbindung der geförderten Grundlagenforschung an klinische Versorgungsstrukturen war ein wesentlicher Aspekt bei der Vergabe der Professur. Die Schilling-Stiftung engagiert sich seit ihrer Gründung für eine schnelle medizinische Translation und verfährt bei der Vergabe ihrer Fördermittel nach dem Tandem-Modell. Das heißt: eine enge Vernetzung von präklinischer und klinischer Forschung ist ausdrücklich erwünscht. „Die Translation unserer Arbeit in die klinische Versorgung ist für uns ein zentrales Anliegen“, sagt Christian Meisel. „Und die enge Verbindung von BIH und Charité liefert dafür ideale Voraussetzungen“.

Forschungsschwerpunkte rund um Monitoring, Real-World-Daten und Grundfragen der KI

„Unser Ziel ist es, dauerhafte Strukturen zu schaffen, um die Computationale Neurologie als neue Disziplin in Forschung, Klinik und Lehre zu etablieren“, sagt Christian Meisel. in den kommenden Jahren der Stiftungsförderung plant er, sich auf drei Forschungsschwerpunkte zu konzentrieren: Im ersten Bereich, der Datenanalytik, werden große Datenmengen aus dem klinischen Routinebetrieb, zum Beispiel aus dem stationären Monitoring auf Intensiv- und Schlaganfallstationen, analysiert. Aus den Erkenntnissen können computergestützte Methoden für die Echtzeitüberwachung und zur Vorhersage von Zustandsverschlechterungen und Intervention entwickelt werden.

Ein zweiter Forschungsschwerpunkt widmet sich dem ambulanten Langzeit-Monitoring mithilfe sogenannter Wearables. Das sind Sensoren, die Patient*innen an ihrem Körper tragen und die Langzeitdaten aus deren Alltag generieren. „Diese Technologien nutzen wir aktuell vor allem bei Patientinnen und Patienten mit Epilepsie“, so Prof. Meisel. „Wir möchten klären, ob sich durch Wearables der klinische Zustand von Betroffenen objektiv erfassen lässt. Besonders interessiert uns die Frage, inwieweit man epileptische Anfälle in den Aufzeichnungen besser erkennen und vorhersagen kann, um dann vorausschauend zu intervenieren.“

Ein drittes Forschungsziel wendet sich dem Verständnis von Netzwerkaktivitäten innerhalb des Gehirns zu. Es wird um die grundsätzliche Arbeitsweise des Gehirns gehen und den Versuch, seine enorme Leistungsfähigkeit zu verstehen. Hier steht die Forschung erst am Anfang. „Wir hoffen, dass wir mit unserer Forschung die Funktionsweise sowohl von Netzwerken im Gehirn als auch in der künstlichen Intelligenz besser verstehen werden“, erklärt Christian Meisel.