Clariness kauft Berliner Startup Viomedo
Zusammen mit Stefan Nietert rief Alexander Puschilov Viomedo ins Leben, weil er einst selbst keine Probanden fand. Der Gesundheitsökonom, ausgebildet an der London School of Economics and Political Science (LSE), wollte eine digitale Therapie gegen das Zähneknirschen entwickeln und benötigte dafür eine Studie. Die Schwierigkeit, ausreichend schnell Probanden zu finden, gab den Startschuss für Viomedo. Sein Mitgründer Nietert steuerte als Wirtschaftsinformatiker weiteres technisches Know-how bei, um Patienten den Zugang zu klinischen Studien – und umgekehrt – zu erleichtern. Im gründerfreundlichen Umfeld von Berlin-Brandenburg entstand das Startup, das den Health-i-Award und weitere Auszeichnungen gewann und jetzt das Interesse von Clariness auf sich gezogen hat.
Das Schweizer Unternehmen ist schon seit 2005 in einem ähnlichen Umfeld unterwegs, aber international ausgerichtet und mit einem breiter gefächerten Angebot. In Deutschland hat es zwei Niederlassungen in Hamburg und Berlin. Die Schweizer sind in rund 50 Ländern aktiv, in der Leistungsbeschreibung finden sich auch andere Dienstleistungen für Pharmaunternehmen, darunter Auftragsforschung oder Marktforschung. Puschilov ist nun in der Funktion als Strategischer Entwickler bei Clariness aktiv. Er sieht in diesem Zusammenschluss eine Bereicherung für den Standort Berlin-Brandenburg: „Ein Exit zieht immer neues Kapital in die Region und in die Digital-Health-Branche.“
Globale Möglichkeiten, lokale Integration
Auch für Viomedo erkennt er Vorteile: „Gemeinsam vereinen wir die globalen Möglichkeiten von Clariness mit den tiefen lokalen Integrationen von Viomedo. Damit werden unsere Lösungen noch attraktiver für unsere Kunden.“ Puschilov ist sich sicher, dass die Wissenschaft mit Hilfe des neuen Zusammenschlusses Patienten noch besser rekrutieren und klinische Studien besser planen und durchführen kann. Reibungspunkte durch die Firmenzusammenführung sehe er nicht, da die Kultur der beiden Unternehmen gut zusammenpasse.
Clariness-Geschäftsführer Michael Stadler entdeckt in den engagierten Gründern Parallelen zu der Zeit, als er selbst mit seiner Firma an den Start ging – voller Tatendrang und überzeugt davon, Menschen zu besseren Therapien zu verhelfen. Allerdings soll das Berliner Startup als eigenständige Einheit bei Clariness erhalten bleiben. Das Team bleibt daher in der deutschen Hauptstadt, wo auch die Schweizer Mutter einen Standort hat.
Eine klare Sprache sprechen
Obwohl Patienten auch vor Viomedo und Clariness die Möglichkeit hatten, sich über klinische Studien zu informieren und ihre Mitwirkung anzubieten, war es doch nicht so einfach. Denn: Diese Studien, gesammelt in öffentlichen Registern, waren nur für Mediziner formuliert und nicht für die Patienten. Diese hatten darum Schwierigkeiten, den Inhalt zu verstehen. Hier leisten die Autoren von Viomedo wertvolle Arbeit. Sie formulieren die Informationen patientengerecht um und fügen weitere relevante Informationen hinzu – alles mit dem Ziel, dass Betroffene schnell erfassen können, ob eine Studie für sie die richtige ist.
Die Viomedo-Gründer sind überzeugt, dass diese Schnittstelle entscheidend ist, auch, um in Zukunft eine optimale Gesundheitsversorgung gewährleisten zu können. Schließlich helfen die Studien im Idealfall den teilnehmenden Patienten und treiben den medizinischen Fortschritt voran. Tatsächlich ist die Nutzung der Internetplattform für Betroffene, die die Teilnahme an einer klinischen Studie für sich in Betracht ziehen, denkbar einfach. Sie geben zunächst lediglich ihre Erkrankung und ihre Postleitzahl ein – daraufhin sucht das System in dem Studienpool, den es gelistet hat, relevante Studien heraus. Wer mehr als eine übersichtlich Beschreibung der Studien haben möchte, kann seine E-Mail-Adresse hinterlegen und erhält den Kontakt zum Studienarzt.
Wachstum und Marktpräsenz
Für Patienten ist dieser Service kostenlos. Viomedo finanziert sich, indem es mit Sponsoren von klinischen Studien zusammenarbeitet, informiert die Plattform auf ihrer Internetseite. Dazu gehörten Pharmafirmen, Forschungseinrichtungen und wissenschaftlich tätige Ärzte. „Um Unabhängigkeit zu gewähren, arbeiten wir sowohl mit Studien von Pharmafirmen als auch mit Studien aus der Wissenschaft zusammen“, heißt es weiter.
Neben dem medizinischen Ziel, die Forschung zu verbessern, hat Alexander Puschilov auch das Unternehmensziel des Zusammenschlusses deutlich formuliert. „Wir freuen uns sehr darüber, gemeinsam mit Clariness noch schneller wachsen zu können", sagt er. „Wir sind außerdem sehr gespannt darauf, zusammen mit Clariness neue Lösungen zu entwickeln, um unsere gemeinsame Markt- und Technologieführerschaft auszubauen.“