Charité-Projekt ERIC: Tele-Visite für Intensivpatienten zur Regelversorgung empfohlen

Innovationsausschuss befürwortet erste Projekte

 

Das Innovationsfondsprojekt ERIC* wird als eines der ersten für die flächendeckende Versorgung empfohlen. Dies hat jetzt der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) entschieden. Das Projekt unter Konsortialführung der Charité – Universitätsmedizin Berlin hat gezeigt, dass Telemedizin das Risiko von langanhaltenden Folgeschäden für Intensivpatienten nachhaltig verringern kann. Kernstück des erfolgreich evaluierten Projekts ist eine zentrale E-Health-Plattform für die multiprofessionelle Vernetzung und die standortunabhängigen Tele-Visite.

In Deutschland werden jährlich mehr als zwei Millionen Menschen intensivmedizinisch versorgt, etwa 20 Prozent von ihnen müssen künstlich beatmet werden. Zahlreiche Patientinnen und Patienten leiden nach der Behandlung an Folgeschäden mit kognitiven, funktionellen und psychosozialen Einschränkungen oder Organfunktionsstörungen. Ziel des 2017 gestarteten Projekts ERIC (Enhanced Recovery after Intensive Care) war die nachhaltige Verbesserung der Versorgungsqualität und der Patientensicherheit. Unter Konsortialführung der Charité haben die Projektpartner von der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Technischen Universität Berlin, des Fraunhofer FOKUS, der Klinik Ernst von Bergmann Bad Belzig gGmbH und der Krankenkasse BARMER partnerschaftlich zusammengearbeitet. Gemeinsam konnten sie zeigen, dass mithilfe der multiprofessionellen telemedizinischen Visite das Risiko für Folgeschäden für die Patientinnen und Patienten verringert werden kann. Über die zentrale E-Health-Plattform wurden die Kommunikation und die Datenerfassung der 15 beteiligten Intensivstationen in einem telemedizinischen Zentrum in der Charité gebündelt. Mit den Hausärzten der Region wurde ein Nachsorgeangebot etabliert, um Patientinnen und Patienten auch nach der Intensivtherapie bestmöglich zu unterstützen. Der Innovationsauschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses hatte das Projekt von 2017 bis 2020 mit rund 6,8 Millionen Euro gefördert. 

Für Intensivpatienten ist eine bestmögliche Versorgung überlebenswichtig. Dabei geht es nicht nur darum, ob, sondern auch wie die Patienten die Erkrankung überleben. Mit ERIC sollten daher die wissenschaftlichen und aktuellsten Erkenntnisse in Form von Qualitätsindikatoren direkt ans Patientenbett gebracht werden. „Wesentlich war dabei die tägliche telemedizinische Visite auf den Intensivstationen. Diese hat uns geholfen, evidenzbasiertes Wissen in jeder teilnehmenden Einrichtung zu implementieren und dadurch Langzeitfolgen für die Patienten zu verhindern“, sagt Prof. Dr. Claudia Spies, Projektleiterin und Direktorin der Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin der Charité. Sie ergänzt: „Die Pandemie war für unser Projekt eine bedeutende und erfolgreiche Bewährungsprobe. In dieser herausfordernden und schwer kalkulierbaren Situation hat die Telemedizin zu einer hohen Versorgungsqualität in der Breite beigetragen. Wir konnten umfassendes Wissen generieren und in kürzester Zeit für alle verfügbar machen. ERIC bot auch die Grundlage für die telemedizinische Vernetzung im Senatskonzept SAVE-Berlin@Covid-19. Insgesamt haben wir alle sehr viel gemeinsam und im professionellen Miteinander gelernt.“

Der Visitenroboter für die Stationen vor Ort ist mit mehreren Kameras und einem Mikrofon ausgestattet. So ist das medizinische Personal während der Televisite in Echtzeit mit Fachärzten und Pflegefachkräften in der Charité verbunden. Gemeinsam begutachten sie den Gesundheitszustand der Patienten anhand von acht Qualitätsindikatoren – beispielsweise Medikation oder Ernährung – und besprechen die weitere Therapie. „Der Visitenroboter kann mit der Kamera dicht an die Patienten heranfahren. So konnten wir gemeinsam mit dem Behandlungsteam vor Ort Strategien erarbeiten und im Bedarfsfall beraten und unterstützen“, erklärt Dr. Björn Weiß, Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin und Koordinator des Projekts. Dazu zählen die Anwendung der Bauchlage, die Einstellung des Beatmungsgerätes oder die Dosierung der Medikamente. Zudem wurden Hausärzte, Physiotherapeuten und Reha-Zentren über die Plattform ebenfalls mit einbezogen. Inzwischen ist ERIC erfolgreich evaluiert und wird vom Innovationsauschuss für eine Überführung in die Regelversorgung empfohlen. Die Gesundheitsministerien der Länder sind daher im nächsten Schritt gebeten zu prüfen, ob in ihrem Bundesland telemedizinische Visiten auf Intensivstationen etabliert werden sollten.