„Aus Forschung wird Gesundheit!“ – Das Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) wird 10 Jahre alt
Als der Gründungsvertrag des BIH 2013 unterzeichnet wurde, war es das erklärte Ziel der damaligen Bundesforschungsministerin, Annette Schavan, die medizinische Translation zu fördern. Ergebnisse aus der Grundlagenforschung sollten schneller zu neuen Therapien für Patient*innen werden, zu besseren Diagnosen oder Präventionsmöglichkeiten führen. Beispielhaft sollte das Berlin Institute of Health das Max Delbrück Center der Charité – Universitätsmedizin Berlin verbinden und damit die Zusammenarbeit von universitärer und außeruniversitärer Forschung neugestalten. Schavans Kollege im Berliner Senat, Prof. Dr. Jürgen Zöllner, unterstützte das Projekt, nicht zuletzt durch die Vermittlung der großzügigen Spende von Johanna Quandt.
Zu den Gründungsinstitutionen zählten neben der Charité und dem Max Delbrück Center das Bundesministerium für Bildung und Forschung, die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft Berlin sowie die Helmholtz Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. Als Gründungsdirektor und Vorsitzender des Vorstands des BIH wurde Professor Dr. Ernst Th. Rietschel berufen.
Systemmedizin statt einzelner Krankheiten...
Als eigenständige außeruniversitäre Einrichtung des Bundes und des Landes Berlin förderte das BIH zunächst gemeinsame Forschungsvorhaben von Max Delbrück Center und Charité, bei denen stets Wissenschaftler*innen bzw. Kliniker*innen beider Partner beteiligt waren. Leitidee war die translationale Systemmedizin. Es standen nicht einzelne Krankheiten im Zentrum, sondern übergreifende Mechanismen.
... im translationalen Ökosystem
Um diese Projekte zu unterstützen, baute das BIH zusammen mit Charité und MDC ein translationales Ökosystem auf, in dem Kliniker*innen und Forscher*innen eng unter einem Dach arbeiten. Die so genannten Core Units unterstützen mit der Entwicklung und Anwendung modernster Technologien und wissenschaftlichen Services, etwa bei der Analyse von großen Gensequenzen, Protein- oder Datenmengen, in der IT- oder Bioinformatik, beim Speichern und Bereitstellen von Zell- und Gewebeproben oder bei der Forschung an Stammzellen und Organoiden. Der Digital Health Accelerator begleitet Wissenschaftler*innen bei der Produktentwicklung und Ausgründung ihrer digitalen Gesundheitsideen. SPARK-BIH unterstützt die Weiterentwicklung von fortgeschrittenen Ansätzen für medikamentöse Therapien, aber auch frühe Projekte, die Diagnostika, Medizintechnik, (Gen- und Zelltherapien), Biologica und biotechnologische Verfahren entwickeln. Mittlerweile sind beide Teams im gemeinsamen Technologietransfer Charité BIH Innovation organisiert.
Seit 2016 verfolgt das BIH QUEST Center das Ziel, die Qualität der biomedizinischen Forschung so zu steigern, dass ihre Ergebnisse robust genug sind, um tatsächlich in neue diagnostische Verfahren, bessere Therapien oder präventive Maßnahmen überführt werden zu können. Die Biomedical Innovation Academy kümmert sich um den Nachwuchs: Hier erhalten Ärzt*innen der Charité auf verschiedenen Karrierestufen die Möglichkeit und die Weiterbildung zum wissenschaftlichen Arbeiten. Die Clinician Scientists sind es in erster Linie, die die medizinische Translation mit Leben füllen, da sie beide Seiten kennen: Die Patientenversorgung und die Forschung im Labor. Mehr als 300 Absolvent*innen hat die Academy mittlerweile.
Erfolgreiche Wissenschaft ...
Seit 2017 dehnte das BIH seine Handlungsfelder aus. Es gewann weiter eigene Wissenschaftler*innen und gründete Forschungsgruppen insbesondere in der Bioinformatik und der digitalen datenwissenschaftlichen Medizin, in der Entwicklung hochauflösender molekularer Analytik sowie auf dem Gebiet der neuartigen Therapien, darunter Gen- und Zelltherapien oder der regenerativen Medizin. In den mittlerweile rund 60 Arbeitsgruppen forschen etwa 500 Wissenschaftler*innen, die eng mit Charité und Max Delbrück Center interagieren. Der Anteil an weiblichen AG-Leitungen liegt mit 40% höher als der bundesweite Durchschnitt. Über 4000 wissenschaftliche Artikel in teils hochkarätigen Journalen haben die BIH Forscher*innen bislang veröffentlicht, auch während der Coronapandemie haben sie wertvolle Beiträge zur Aufklärung der Infektion und zu neuen Therapiemöglichkeiten geleistet. Neun StartUp-Unternehmen wurden bislang ausgegründet: Sie liefern Lösungen für KI-gestützte diagnostische Verfahren, Gentherapien für Epilepsie oder Muskelerkrankungen, oder ein digitales Portemonnaie für die Krankenversorgung in Afrika. In ersten klinischen Studien werden bereits Verfahren erprobt, die mit BIH Unterstützung oder von BIH Wissenschaftler*innen entwickelt wurden, etwa zur immunologischen Begleitung von Transplantationen.
... und Integration in die Charité
Die Zusammenarbeit bei klinischen Studien, beim Technologietransfer und in der Ausbildung des translational geschulten Nachwuchses war mit der Charité bereits sehr eng, als das BIH mit der Integration in die Charité 2021 auch organisatorisch noch näher an die Klinik heranrückte. Der Vorsitzende des BIH Direktoriums hat seitdem einen Sitz im Charité Vorstand, der Charité Dekan ist Mitglied im Erweiterten BIH Direktorium. Der Bund engagiert sich über diese wissenschaftspolitisch neuartige Initiative erstmals strukturell in einer Einrichtung der Universitätsmedizin und erhält einen Sitz im Aufsichtsrat der Charité.
"Wir sind stolz auf das bisher Erreichte", sagt Professor Christopher Baum, seit 2020 Vorsitzender des BIH Direktoriums und Vorstand des Translationsforschungsbereichs der Charité. "Unsere Mitarbeitenden zeigen herausragende Leistungen auf allen Gebieten der translationalen Medizin. Wir werden bundesweit wahrgenommen als Beispiel für die gelungene Zusammenarbeit von Bund und Land. Unser Ziel ist es, die Erwartungen, die insbesondere Patientinnen und Patienten an uns herantragen, zu erfüllen. Wirklich Wissen schafft, wer Wirkung schafft."
Bundesweit die Translation fördern
Mit der Integration in die Charité verbindet der Bund den Auftrag an das BIH, auch bundesweit erfolgversprechende Translationsprojekte zu unterstützen. „Diesen Auftrag nehmen wir gerne an“, sagt Christopher Baum. „Hier sehe ich insbesondere unseren Beitrag bei den seltenen und komplexen Erkrankungen, für die wir die Möglichkeiten der Universitätsmedizin gezielt erweitern wollen.“ Außerdem will Baum die Translation zu einer exakten Wissenschaft weiterentwickeln, deren Erfolge quantitativ, reproduzierbar und objektiv messbar sind. „Das wird notwendig sein, um diejenigen Projekte zu identifizieren, die am vielversprechendsten sind, und die jeweils bestmöglichen nächsten Schritte einzuleiten.“
Mehrere Standorte in Berlin für das BIH
Die rund 800 Mitarbeiter*innen des BIH verteilen sich auf mehrere Standorte: Einige Gruppen arbeiten im Käthe-Beutler-Haus in Berlin-Buch, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Max Delbrück Center. In dem nach einer jüdischen Kinderärztin und Forscherin benannten Gebäude arbeiten Gruppen von BIH und Max Delbrück Center unter einem Dach im gemeinsamen Forschungsbereich zur vaskulären Biomedizin zusammen. Im Rahel Hirsch Center für Translationale Medizin in Berlin-Mitte, das im Januar 2023 fertiggestellt wurde, werden neben Mitarbeiter*innen des BIH-Digital Health Center weitere BIH-Forschungsteams mit Expertinnen und Experten der Charité zusammenarbeiten und das gemeinsame Clinical Study Center untergebracht sein. Ebenfalls in Berlin-Mitte, im Berliner Institut für Medizinische Systembiologie des Max Delbrück Center, am MDC-BIMSB, ist der gemeinsame Fokusbereich zu Single-Cell-Ansätzen in der personalisierten Medizin angesiedelt. Die wissenschaftlichen Gruppen in der Regenerativen Medizin werden vorrangig am Charité Campus Virchow-Klinikum in Berlin-Wedding forschen, die Mitarbeiter*innen des gemeinsamen Technologietransfers Charité BIH Innovation haben 2022 neue Büros am Zirkus in Berlin-Mitte bezogen.