Eine Zeitreise durch die Welt der Mikroskopie – Ausstellung am MDC eröffnet
Ohne den Einsatz von Mikroskopen wäre der Fortschritt in Medizin und Naturwissenschaft undenkbar. Heute können Strukturen bis in den Bereich von einem Millionstel Millimeter sichtbar gemacht werden, Vorgänge in lebenden Zellen detailliert untersucht werden. Eine Ausstellung im Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin zeigt an Hand historischer Mikroskope aus Berlin und Brandenburg den Weg dorthin auf und demonstriert die enorme Leistungsfähigkeit moderner Mikroskope sowie ihre Bedeutung für die medizinische Forschung heute und morgen.
Am 25. Juli 2018 wurde die Dauerausstellung „Unsichtbar – Sichtbar – Durchschaut“ im MDC im Rahmen einer feierlichen Vortragsveranstaltung eröffnet. Die Ausstellung präsentiert u.a. rund 30 historische Mikroskope aus früheren Berliner und Brandenburger Manufakturen und wurde von Professor Helmut Kettenmann, Neurowissenschaftler am MDC, zusammengestellt. Er hat die wissenschaftshistorisch bedeutsamen Mikroskope gesammelt und die Ausstellung konzipiert, die eine Brücke vom 19. Jahrhundert bis zur Mikroskopie der Gegenwart schlägt.
Wo steht die Mikroskopie heute? Der Gastredner Professor Ernst Stelzer, Universität Frankfurt, stellte bei der feierlichen Eröffnung neue optische Mikroskop-Techniken vor, mit deren Hilfe sich dreidimensionale Bilder gewinnen lassen. Die Entwicklung der Mikroskopie und ihrer Einsatzmöglichkeiten ist keineswegs abgeschlossen. Professor Martin Lohse, Wissenschaftlicher Vorstand des MDC, sieht vielversprechende Perspektiven. „Am MDC wird derzeit ein neues Mikroskopie-Zentrum mit den modernsten Techniken aufgebaut. Damit werden den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern neue Mikroskopieverfahren zur Verfügung stehen, die die bisherigen Grenzen der Mikroskopie an Empfindlichkeit, Geschwindigkeit, räumlicher Auflösung und Eindringtiefe im Gewebe überschreiten.“
Von Unterhaltungsobjekten zu Lebensrettern
Die Geschichte der Mikroskopie reicht bis 17. Jahrhundert zurück und baut auf den Fortschritten bei der Herstellung geschliffener Linsen für die Astronomie auf. Es war der holländische Laien-Wissenschaftler und Tuchhändler Antoni van Leeuwenhoek (1632-1723), der Mikroskope baute und verwendete, um lebende Strukturen, z.B. Blutkörperchen, sichtbar machte. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts blieben Mikroskope jedoch Einzelstücke, die vor allem der Unterhaltung dienten. In den Salons der gehobenen Gesellschaft waren Mikroskopie-Abende beliebt, bei denen man zur „Augenergötzung" die „kleinsten Wunder Gottes" bewundern konnte. Für die Naturbeobachtung bei Ausflügen und Exkursionen wurden Reisemikroskope eingesetzt.
„Der Siegeszug des Mikroskops in der Wissenschaft setzte im 19. Jahrhundert ein“, erklärt Helmut Kettenmann. Weltweites Zentrum der Mikroskopie war die aufblühende Forschungs-Metropole Berlin. 80 Mikroskop-Manufakturen, die bekanntesten unter ihnen waren Hartnack, Pistor, Schleiden und Schieck, hatten sich meist unweit der Universität und ihren Forschungsinstituten angesiedelt und standen in regem Austausch mit den Wissenschaftlern vor Ort und der ganzen Welt. Berühmte Berliner Wissenschaftler wie Johannes Müller, Rudolf Virchow, Robert Koch und Hermann von Helmholtz profitierten von der prosperierenden Mikroskopie-Branche und spornten sie mit ihren wissenschaftlichen Entdeckungen an. Berliner Mikroskope wurden u.a. in Italien und Spanien eingesetzt, wo sie z.B. Wissenschaftlern wie Camillo Golgi (1843-1926) und Ramon y Cajal (1852-1943) bei der Entdeckung von Gehirnzellen und von Strukturen in der Zelle halfen, Leistungen, die 1906 mit dem Nobelpreis gewürdigt wurden.
Lebensrettend war das Mikroskop bei der Fleischbeschau, die in Berlin von dem Pathologen Rudolf Virchow im 19. Jahrhundert initiiert wurde. Vor seiner weiteren Bearbeitung wurde Schweinefleisch vor Ort auf Trichinen untersucht, Parasiten, deren Verzehr für den Menschen sehr gefährlich ist.
Mikroskope hielten Einzug in Hörsäle und Schulen
Um 1900 hatten sich die Mikroskope in der Wissenschaft durchgesetzt und hielten Einzug in das Medizinstudium und den Schulunterricht. Da neigte sich die Blütezeit der Berliner und Brandenburger bereits dem Ende zu. Die Optimierung des Linsensystems durch den Physiker Ernst Abbe hatte den Schwerpunkt der Mikroskopie-Entwicklung nach Jena verlagert, wo die Firma Carl Zeiss die Berliner Hersteller von ihrer Spitzenposition verdrängte.
Die Dauerausstellung „Unsichtbar – Sichtbar – Durchschaut“ ist auf zwei Stockwerken des Konferenzzentrums MDC.C zu besichtigen. Sie ist Bestandteil des Unterrichtsprograms für Schüler im Rahmen des „Gläsernen Labors“ auf dem Campus Berlin-Buch https://www.glaesernes-labor.de/ .
Es gibt keine festen Öffnungszeiten. Interessenten für Besuche oder Führungen wenden sich bitte an die Kommunikationsabteilung des MDC:
E-Mail: communications@mdc-berlin.de
Tel: 030 9406 2533