3 Fragen an poroUS: »Die Chance, einen Beitrag zur Gesundheit vieler Menschen weltweit zu leisten, treibt uns an und hat die Jury überzeugt«

Für ihre Arbeit in der Osteoporose-Früherkennung erhält die im Potsdam Science Park ansässige poroUS GmbH durch den European Innovation Council Accelerator Grant Fördermittel in Höhe von 2,5 Millionen Euro. Im Interview erklären CEO Julia Eschenbrenner und CTO Jonas Massmann, wodurch sie im Bewerbungsprozess überzeugen konnten und welche Möglichkeiten ihnen die Förderung in den nächsten Jahren eröffnet.

 

Frau Eschenbrenner, Herr Massmann, der European Innovation Council Accelerator Grant hat Ihrem Unternehmen, der poroUS GmbH, gerade Fördermittel in Höhe von 2,5 Millionen Euro zugesprochen. Das Vergabeverfahren gilt als hoch kompetitiv. Aus über 1.000 Bewerbungen konnten sich zuletzt nur 75 Unternehmen qualifizieren. Wie haben Sie es geschafft, die Jury zu überzeugen?

Julia Eschenbrenner: Zunächst einmal haben wir alle formellen Kriterien erfüllt. Das klingt im ersten Moment banal, ist aber entscheidend. Schon aus Gründen der Fairness gelten für jedes Förderprogramm formelle Anforderungen, denen alle bewerbenden Projekte gerecht werden müssen. Die Jury stützt sich auf diesen Kriterienkatalog und nimmt mit seiner Hilfe jede Bewerbung genau unter die Lupe. Nur Projekte, die alle Anforderungen erfüllen, kommen infrage. Ein wichtiger Teil unserer Arbeit im Rahmen des mehrstufigen Bewerbungsprozesses war es also, besonders klar und überzeugend herauszuarbeiten, dass wir all diesen Ansprüchen genügen. So haben wir es der Jury überhaupt erst möglich gemacht, sich für uns zu entscheiden.

Jonas Massmann: Darüber hinaus hat dann mit Sicherheit die Relevanz und Breitenwirkung unseres Themas eine Rolle gespielt. Osteoporose ist eine Volkskrankheit, die Millionen von Menschen auf der ganzen Welt betrifft. Mit herkömmlichen Mitteln galt eine frühzeitige Diagnose lange Zeit als nahezu unmöglich. Durch unsere patentierten, intelligenten Algorithmen, die quantitative Ultraschalltechnologie nutzen, gelingt es erstmals, die Qualität der äußeren Knochenrinde auf mikroskopischer Porenebene und ohne Strahlenbelastung zu messen. Dies ermöglicht eine neuartige Diagnostik, welche in Zukunft helfen wird, Osteoporose frühzeitig zu erkennen. Diese Chance, einen Beitrag zur Gesundheit breiter Bevölkerungsschichten weltweit zu leisten, treibt uns an und hat auch die Jury überzeugt.

Welche Möglichkeiten eröffnet die Förderung der poroUS GmbH? Wie wird sich Ihre Arbeit in den nächsten Jahren dadurch verändern? Werden Sie neue Schwerpunkte setzen?

Jonas Massmann: Ein wesentlicher Teil unserer Aufmerksamkeit galt bisher der Entwicklung unserer Algorithmen und Messmethoden. Diese Arbeit werden wir in der Zukunft auch weiter fortsetzen. Aktuell finalisieren wir die ersten Prototypen unserer Technologie und bereiten sie auf die Marktrealisierung vor. Die Förderung erlaubt uns, die ersten Geräte an ausgewählte Kliniken zu senden. Damit gehen wir den nächsten großen Schritt …

Julia Eschenbrenner: … Und der heißt: klinische Validierung. In einer groß angelegten, multizentrischen Studie werden wir unsere Technologie in den nächsten Jahren testen. Hier wird vor allem die Rekrutierung der über 1.500 Studienteilnehmer:innen eine Herausforderung werden. Durch unsere besondere Nähe zur Charité Berlin, die ebenfalls als eines von mehreren Studienzentren teilnehmen wird, sind wir aber zuversichtlich, diese zu meistern.

Wie die meisten Start-ups im Potsdam Science Park zeichnet sich auch die poroUS GmbH durch ihre Nähe zur Wissenschaft aus. Was macht die Arbeit in einem solchen Unternehmen so besonders?

Jonas Massmann: Wenn Sie als Gründer:in einen wissenschaftlichen Hintergrund haben und den Schritt ins Unternehmertum das erste Mal wagen, sammeln sie die entsprechenden Erfahrungen erst mit der Zeit. Alle Startups haben, ehe sie mit der eigentlichen unternehmerischen Arbeit – also der Entwicklung, dem Aufbau der Produktion und der Vermarktung ihrer Produkte – beginnen können, viele Hürden zu nehmen. In unserem Bereich, der Medizintechnik, kommen besondere Ansprüche hinzu – gerade was Fragen des Qualitätsmanagements oder der Zertifizierung angeht. Die Lernkurve ist also einzigartig.

Julia Eschenbrenner: Ein anderer Wert, den es so nur in wissenschaftsnahen Unternehmen gibt, betrifft das Thema Translation, also die Überführung wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis. Für viele unserer Kolleg:innen in der Forschung bleibt diese Idee leider meist abstrakt. Selbst wenn sie mit einer klaren, praktischen Zielstellung arbeiten, gelingt die Umsetzung nur selten, und falls doch, übernehmen diese meist andere. Das ist in Fällen wie poroUS, die als Ausgründung aus der Charité gestartet ist, anders. Unser Team hat die Technologie, die den Kern unserer Arbeit bildet, von Anfang an mitentwickelt und erhält nun die Chance, sie selbst zur Marktreife zu bringen und der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Das ist eine sehr starke Motivation.

Frau Eschenbrenner, Herr Massmann, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Dieser Blog und die Projekte der Standortmanagement Golm GmbH im Potsdam Science Park werden aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Landes Brandenburg finanziert.