Schwerpunkte für zukunftsfähige Medizintechnik
In Wissenschaft und Forschung hat die deutsche Hauptstadtregion eine stolze Tradition: Hier wurde der Herzkatheter erfunden, hier entstand der erste funktionstüchtige Computer, viele berühmte Persönlichkeiten wie Einstein, Forßmann, Helmholtz, Humboldt, Koch, Leibniz, Planck, Siemens und Virchow wirkten hier.
Nirgendwo in Deutschland gibt es eine höhere Dichte an Forschungseinrichtungen als in Berlin-Brandenburg. In den Lebenswissenschaften sind Kooperationen über alle relevanten Fachrichtungen hinweg intensiv ausgebaut – ein besonderes Plus auch für innovative und global ausgerichtete Unternehmen.
Die Megatrends der künftigen technologischen Entwicklung der Medizintechnik sind Digitalisierung, Miniaturisierung, Molekularisierung, Biologisierung und Individualisierung. Diese sind in fünf Technologiefeldern von besonderer Bedeutung, in denen die Region eine Vielzahl exzellenter Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Kliniken zu bieten hat. Das Potenzial in den folgenden Spitzentechnologien ist weiter konsequent auszubauen:
Die Region Berlin-Brandenburg ist sowohl in der traditionellen medizinischen Bildgebung als auch in deren noch experimentellen Methoden mit an der Weltspitze. In den mehr als 150 Kliniken in Berlin und Brandenburg steht das gesamte Spektrum der Geräte für die diagnostische Bildgebung in großer Zahl zur Verfügung. Mit dem Institut für Radiologie und der Klinik und Hochschulambulanz für Radiologie sowie der Klinik für Nuklearmedizin beherbergt die Charité als größte Universitätsklinik in Europa auch die größte Radiologie in Europa.
Technologieentwicklung und -anwendung im Bereich der Hochfeld-Magnetresonanz-Bildgebung (MRI) und -Spektroskopie (MRS) bilden einen wesentlichen Forschungsschwerpunkt am Experimental and Clinical Research Center (ECRC).
Auf industrieller Ebene sind in Berlin und Brandenburg ca. 15 Unternehmen insbesondere auch in der Entwicklung und Produktion von Kontrastmitteln und Methoden der optischen Bildgebung engagiert.
Wesentliches Merkmal der Medizinischen Bildgebung in der Region ist die enge Vernetzung von Grundlagenforschern aus Physik, Biochemie, Bioinformatik und Medizin sowie von Wissenschaft und Wirtschaft, die durch ein aktives Clustermanagement in der Gesundheitswirtschaft begleitet wird.
Um die moderne Bildgebung weiter voranzutreiben, bringt das Imaging Netzwerk Berlin (INB) Experten und Anwender aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammen.
Mit innovativem Geist und digitalem Know-how liefern Startups neue Impulse für den digitalen Wandel der Gesundheitswirtschaft. Mehr als einhundert Digital Health Startups zählt die Hauptstadtregion und es werden jedes Jahr mehr. Sie entwickeln mobile Apps und Wearables, die ein Patient Empowerment und das Selbstmanagement von chronischen Erkrankungen unterstützen. Dabei kommen aktuelle Technologien wie Machine Learning, Artificial Intelligence und Big Data zum Einsatz. Das regionale Startup Ökosystem zeichnet sich durch eine starke Selbstorganisation aus und bietet jungen Gründern ein reichhaltiges Angebot an Veranstaltungen wie Meetups, BarCamps, SeedCamps und Hackathons.
Telemedizin und die elektronische Vernetzung zwischen den Akteuren gehören zu den wichtigsten Themen, die von den Akteuren im Cluster Gesundheitswirtschaft Berlin-Brandenburg aktiv vorangetrieben werden. In den letzten Jahren sind mehrere international beachtete telemedizinische Studien (FONTANE, CardioBBEAT) in Berlin-Brandenburg durchgeführt worden, die neben wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn auch zur Entwicklung marktreifer telemedizinischer Produkte durch Industriepartner geführt haben.
Weltweit steigen die Implantationszahlen, insbesondere in der Hüft- und Knieendoprothetik. Dieser Trend basiert auf mehreren Faktoren. Zum einen zeigt die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung einen steigenden Anteil der über 60-Jährigen, sodass folglich die Anzahl der Primärimplantationen proportional dazu steigt. Außerdem hat sich der Patientenanspruch in den letzten Jahrzehnten deutlich gewandelt. Gehstützen entsprechen nicht mehr dem Anspruch nach Teilhabe und Mobilität im Alltag, um z. B. aktiv Sport zu betreiben und Lifestyle-Aktivitäten möglichst bis ins hohe Alter fortzusetzen.
Damit steigen auch die Anforderungen an das künstliche Gelenk, sowohl was die Beweglichkeit der Teile, den Verschleiß und die Verträglichkeit betrifft. Hierbei kommt auch der Biomaterialforschung eine wichtige Bedeutung zu, wie sie u. a. am Teltower Institut für Biomaterialforschung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht und am Berlin-Brandenburger Centrum für Regenerative Therapien betrieben werden.
Führende Hersteller wie aap Implantate, botiss medical, Merete, OHST, Otto Bock und Zimmer Biomet sind in der Hauptstadtregion ansässig.
Der Bereich der kardiovaskulären Medizintechnik ist aufgrund der Konzentration führender Unternehmen und Institutionen in Berlin und Brandenburg stark vertreten. In enger Vernetzung zwischen Forschung, Entwicklung und klinischer Anwendung werden in der deutschen Hauptstadtregion kardiovaskuläre Spitzentechnologien für den globalen Markt erforscht und produziert.
Zu den hier ansässigen Firmen gehören Biotronik, Berlin Heart, B. Braun Melsungen, GETEMED und Osypka Medical. Zu den renommierten klinischen Einrichtungen im Bereich der kardiovaskulären Medizin gehören das Deutsche Herzzentrum der Charité, die Charité - Universitätsmedizin Berlin, die Vivantes Kliniken, das Herzzentrum Brandenburg und das Sana-Herzzentrum Cottbus.
Schonendes Operieren mit minimal-invasiven Technologien und Fertigkeiten ist ein großer Gewinn für die Medizin. Diese Art der Operation ist weniger belastend und führt in der Regel zu einer schnelleren Genesung und Mobilisierung des Patienten. In den über 150 Kliniken der deutschen Hauptstadtregion gibt es eine breite Anwendung. Besonders gut aufgestellt sind hier die Charité - Universitätsmedizin Berlin, das Vivantes Prostatazentrum Berlin und die Immanuel Klinik Rüdersdorf. Sie verfügen über hochmoderne DaVinci-Robotersysteme, die eine Verknüpfung minimal-invasiver Techniken mit präzisen manuellen Präparationstechniken der offenen OP-Verfahren ermöglichen.
Zu den führenden Herstellern minimal-invasiver Technologien in der deutschen Hauptstadtregion gehören Karl Storz, Limmer Laser, Olympus Surgical Technologies, W.O.M. WORLD OF MEDICINE und Xion.
Schnittstelle zu anderen hochinnovativen Technologiebranchen.
Aufgrund der geografischen Gegebenheiten und technischen Kompetenzen bietet die Region vor allem für die Entwicklung von E-Health-Technologien exzellente Voraussetzungen. Darauf aufbauend sind weitere Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zur Erhöhung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu forcieren sowie Transferprojekte zu entwickeln, um die Region noch stärker für die Erprobung neuer Medizinprodukte und medizintechnischer Hilfsmittel zu nutzen. Medizintechnische Hilfsmittel ermöglichen noch im hohen Lebensalter eine größere Selbständigkeit und das Wohnen zuhause. Für die Bereiche „Ambient Assisted Living“ (selbstbestimmtes Leben durch innovative Technik) und „Healthy Aging“ ist die Medizintechnik ebenfalls ein Schlüsselfaktor. Auch hier gilt es, die Expertise in der Region zu bündeln und insbesondere den Dialog mit den Akteuren im IKT-Sektor zu verstärken.
Weitere hochinnovative Technologiefelder, die in der Hauptstadtregion bereits mit sehr guten Ansätzen vertreten sind, und die mit Blick auf die Medizintechnik noch weiter entwickelt werden können, sind die Nanotechnologie und die Regenerative Medizin, in deren Spektrum auch der „Organersatz“ fällt. Das Thema „biologisierte Medizintechnik“ markiert eine wichtige Schnittstelle für diesen Schwerpunkt. Entsprechende Maßnahmen sind mit dem Handlungsfeld „Biotechnologie und Pharma“ zu verknüpfen, in dem die Regenerative Medizin, die rote Biotechnologie (z.B. Organersatz) sowie die Diagnostik (z.B. Kontrastmittel, Tracer) ebenfalls herausragende Rollen spielen.